Gegen den Drehtür-Effekt

BERNKASTEL-KUES/WITTLICH. Mit Überleitpfleger, Integrierter Versorgungskraft und im Netzwerk mit 40 niedergelassenen Ärzten wird die Verbindung zwischen ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung intensiviert. Erste Erfahrungen am Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich sind positiv.

Vor allem eines liegt dem niedergelassenen Arzt Joachim Faude, zugleich Vorstand der Netzpraxis Mittelmosel, derzeit am Herzen: "Wir wollen für die Patienten vieles leichter und schneller machen. Früher gab es Qualitätsunterschiede zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, das wird der Vergangenheit angehören."Chipkarte hilft beim flotten Informationsfluss

Gemeinsam mit 39 Kollegen - etwa zur Hälfte Allgemeinmediziner - hat er in Kooperation mit dem neu eingerichteten Verbund aus Cusanus-Krankenhaus und St. Elisabeth Krankenhaus eine so genannte sektorale Vernetzung geschaffen: Mit dem gebührenden Datenschutz, dem schriftlichen Einverständnis der Patienten und unter Wahrung der ärztlichen Eigenverantwortlichkeit und der Freiwilligkeit aller Beteiligten wird es per Chipkarte einen intensiven Informationsfluss geben. Dabei übernimmt die AOK die Koordination, andere Kassen sind noch nicht beteiligt. Für Diagnose und Behandlung wichtige Erkenntnisse können in Kürze problemlos ausgetauscht werden. "Damit nutzen wir sehr effektiv den Wissensvorsprung der niedergelassenen Ärzte vor allem in punkto sozialer Einbindung und zugleich den Vorsprung der Krankenhäuser in punkto medizinischer Versorgung, etwa beim Einsatz moderner Geräte", erläutert Faude den Vorteil für alle Seiten. Den so genannten Drehtür-Effekt, bei dem vor allem chronisch Kranke immer wieder überflüssige Klinikaufenthalte erleiden, will man so vermeiden. Die beteiligten niedergelassenen Ärzte haben, so Faude, dem Modell aus den ersten nun gesammelten Erfahrungen beste Noten ausgestellt: "Sie nehmen das deutlich als Arbeitserleichterung und größere Sicherheit für ihre Entscheidungen wahr". Ihre Identifikation mit den Krankenhäusern sei stark gewachsen. Das Netzwerk wird seitens des Verbundkrankenhauses zweifach flankiert: durch die Überleitpflege schon während der stationären Behandlung und durch die Integrierte Versorgungskraft, die für die Dauer von bis zu zwei Jahren nach der Krankenhausentlassung verwaltungstechnische Hilfe für die Patienten leistet. Die ersten Erfahrungen der Versorgungsfachkraft Stefanie Bohn mit der Vernetzung sind ebenfalls positiv: "Der Patient bleibt so für die Station präsent und die Angehörigen fühlen sich aufgefangen." Die Befürchtung seitens privater Pflegedienste, es könne eine Konkurrenz geben, zerstreut sie: "Es ist nicht meine Aufgabe, Empfehlungen für oder gegen bestimmte Dienste auszusprechen. Sondern ich kann denen helfen, den Wissensstand der Station besser zu teilen." Auch Wolfgang Sauer, im Krankenhaus mit Pflegeanweisungen an Patienten und Angehörige für die Überleitung in den nachstationären Alltag zuständig, zieht ein positives Fazit der ersten Erfahrungen mit dem Netzwerk. Auch bei ihm ist viel Sensibilität für die Patienten und ihr Umfeld notwendig.Aktivierende Arbeit in der Kurzzeitpflege

Er will das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Patienten ein Anrecht auf seine Hilfestellung haben. "Bei mir fließen alle Infos über die Patienten zusammen, die Hilfe beim Übergang von stationärer in ambulante Pflege benötigen", so Sauer. Ein weiterer Baustein für die nun bessere Verbindung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ist die im Cusanus-Krankenhaus eingerichtete Kurzzeitpflege über maximal vier Wochen, die pflegenden Angehörigen eine Auszeit ermöglicht. Sie kann auch genutzt werden, wenn durch sie ein Krankenhausaufenthalt vermieden oder verkürzt wird, bis ein gewünschter Pflegeplatz zur Verfügung steht. Sie ist für alle Kassenpatienten offen und umfasst zwölf Betten. Die Kurzzeitpflege konzentriert sich auf eine aktivierende Arbeit mit Beschäftigungstherapie und Krankengymnastik und zeigt den Pflegebedürftigen oft, dass sie noch über mehr Fähigkeiten verfügen als gedacht.

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