In Trier Spuren hinterlassen

TRIER. Wenn Konrad Müller in der kommenden Woche in Ruhestand geht, verliert die Stadt Trier einen der einflussreichsten "Baumeister" der letzten Jahrzehnte. Niemand dürfte vergleichbar große und umfassende Projekte betreut und verantwortet haben - um so erstaunlicher, dass sich Müllers Arbeit oft im Verborgenen abspielte.

Der Schreibtisch sieht aus, als entstamme er der vorletzten Ikea-Generation. Schwer vorstellbar, dass in dieser schmucklosen Ausstattung Bau-Projekte geplant worden sind, die sich, nimmt man alles zusammen, eher im Milliarden- als im Millionen-Bereich messen lassen. Worauf es ankommt in diesem Büro, das ziert die Wände: Pläne, Fotodokumente, Modelle. Die Universität auf der Tarforster Flur, von ihren Anfängen bis zum französischen Hospital. Der Militärflughafen Spangdahlem. Die unkonventionellen Gebäude der Fachhochschule Birkenfeld. Der imposante Komplex der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule.Prägender Einfluss auf die Uni-Gestaltung

Bei all diesen Projekten hat Konrad Müller eine entscheidende Rolle gespielt. 1974 kam der gebürtige Nordhesse nach Trier, als frisch gebackener Leiter des Hochschulbaus bei Professor Ludwig Weinspach im Staatsbauamt Trier-Nord. "Das war damals ein Traumjob", erinnert er sich. Selbst wenn man wie Müller zuvor beim legendären Zeltdach-Schöpfer Professor Behnisch als Projektleiter den Bau des Münchener Olympiastadions koordiniert und anschließend in Mittelamerika die Maya-Kultur studiert hatte. Aus dem einstigen Freiberufler wurde, zumindest dem Titel nach, im Laufe der Jahre ein Amtsleiter. Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ihm 1995 die Mammut-Aufgabe zufiel, aus den einstigen Staatsbauämtern Trier-Nord und -Süd einen betriebswirtschaftlich arbeitenden, service-orientierten "Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung" (LBB) zu formen. Da habe er von seinen frühen Berufserfahrungen reichlich profitiert, sagt er heute. Vor allem bei der, wie er es formuliert, "modellierten Großlandschaft" des Tarforster Uni-Campus ist seine prägende Handschrift unübersehbar. Dabei kam dem Bau-Menschen sein ausgeprägtes Kommunikationstalent zugute. Uni-Selbstverwaltungsgremien, Wissenschaftler, Landesverwaltung und Architekten unter einen Hut zu bringen, dürfte Leidensfähigkeit und diplomatisches Geschick gefordert haben. Von vielen seiner Aufgaben ist in der Öffentlichkeit kaum etwas bekannt. Der Trierer LBB betreut im Auftrag des Bundes den aufwändigen Aus- und Umbau des Flughafens Spangdahlem. Stolz zeigt Müller den Planentwurf für eine 1000 Meter lange Halle, die zehn Großflugzeuge beherbergt. Aber auch die enge Zusammenarbeit mit den US-Militärbehörden ist ein kniffliger Job - da kommen dem LBB-Chef die ehelich erworbenen Sprachkenntnisse zugute: Seine Frau ist Engländerin. Dass die Zeiten für Bau-Leute angesichts der leeren öffentlichen Kassen härter geworden sind, spürt auch Konrad Müller. Aber es sei eben die Aufgabe seines Betriebs, "darauf zu achten, dass die öffentliche Hand ihren Beitrag zur Baukultur nicht vergisst". Und diese Kultur verteidigt der Leitende Baudirektor - so der offizielle Titel - mit Leidenschaft. Zwar gebe es heute keine Kurfürsten und Potentaten mehr, in deren Auftrag öffentliche Bauten entstünden. Aber gerade der "Bauherr Demokratie" dürfe bauliche Qualität nicht vernachlässigen. Man merkt Müller an, dass er keiner ist, der mit seinem Job abgeschlossen hat. Wer sich am Erscheinungsbild orientiert, würde ohnehin eher auf eine Frühpensionierung tippen als auf jemanden, der kürzlich seinen Fünfundsechzigsten gefeiert hat. Da gibt es schon noch ein paar Dinge, die er gerne zum Abschluss gebracht hätte. Zum Beispiel den großen Umbau des Landesmuseums, für den er kurz vor Toresschluss noch ein Konzept entwickelt hat. Aber am Dienstag werden sie ihn verabschieden, Staatssekretäre, Präsidenten, Oberbürgermeister und Generäle kommen, um feierliche Reden zu halten. Nach seinem Vorgänger hat man oben auf dem Uni-Gelände eine Straße benannt. Und wo müsste die Konrad-Müller-Straße liegen? Da lacht der potenzielle Namensgeber und meint, er sei wohl "nicht der Typ, nach dem man Straßen benennt". Aber es klingt nicht, als würde er es bedauern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort