Kajos erster Kaktus stand in der Schule

TRITTENHEIM. 2500 Kakteen bietet der Winzer Karl-Josef "Kajo" Boch in seinem Trittenheimer Weingut auf verhältnismäßig kleinem Raum ein Zuhause. Die Leidenschaft für Exoten wie den "Schwiegermuttersitz" hat ihn schon in seiner Kindheit gepackt.

In der Volksschule fing alles an. Auf der Fensterbank des Klassenzimmers hatte der Schüler Karl-Josef Boch - nach eigenem Empfinden eigentlich ein Botaniker - jahrelang seine Kakteen gepflegt. Den ersten Kaktus hatte ihm seine Mutter mitgebracht, als er längere Zeit im Krankenhaus hatte liegen müssen. Nach Beendigung seiner Schulzeit nahm Kajo, wie ihn in Trittenheim alle nennen, sein rundes Dutzend Kakteen natürlich mit nach Hause. "Was dem Lehrer gar nicht gefallen hat", wie er sich erinnert. "Weinbau ist ja auch Botanik", erklärt der "Winzer mit Leib und Seele" zu seiner Pflanzenverbundenheit. Reben seien ebenso wie Kakteen Wasser suchende Pflanzen.Exoten wachsen in diesem Sommer wie noch nie

Als Begründung für seine seit mindestens 25 Jahren andauernde Sammelleidenschaft führt Boch an: "Kakteen sammeln entspannt enorm." Jeden Tag könne er herkommen, ein bisschen gießen, ein bisschen gucken, ein bisschen "piddeln". Ein Freund hatte ihm einmal vor Augen geführt, dass er als hyperaktiver Mensch dieses Hobby möglicherweise als gesunden Ausgleich benötigt hätte. Unabhängig davon weiß Boch zu schätzen, dass diese "Pflanzen des Lichts" Fehler und Vernachlässigungen eigentlich immer verzeihen. Ungefähr 2500 Kakteen 120 verschiedener Arten beherbergt der Trittenheimer in seinem Kakteenhaus im Innenhof des Weingutes Schieferstein. Einige von ihnen würden es mittlerweile auf eine Höhe von mehreren Metern bringen, hätte sie Kajo nicht irgendwann gekürzt. Andere zeigen dagegen eher selten Wachstumsdrang. Bis zu diesem Sommer. "Die wachsen jetzt wie noch nie", freut sich der Kakteenfreund. Dabei hätten sich manche noch nie bewegt und würden nun regelrecht hoch schießen. Zu den schönsten Kakteen zählen nach Ansicht des 50-Jährigen Mammillarien: "Die mit den Knubbelchen." Diese Gattung - auch Warzenkakteen genannt - sei besonders für Anfänger geeignet. Von einer anderen Gattung, den Echino-Kakteen, hat der Winzer gleich mehrere prächtige Exemplare in seinem im Sommer offenen Kakteenhaus. Beim Anblick des einen Durchmesser von bis zu zwei Metern erreichenden "Schwiegermuttersitzes" mit den prägnanten goldenen Stacheln, dürfte jedem klar sein, wie dieser zu seinem Namen kam. Dass die Schwiegermutter des Kakteen-Liebhabers Boch einen solchen in ihrer Wohnung hat, versteht sich von selbst. Allerdings erwartet niemand von ihr, dass sie darauf Platz nimmt. Die Leidenschaft Kajos steckt an: "Den Nachbarn hab‘ ich auch schon infiziert", sagt er schmunzelnd und deutet verschmitzt zu dem gegenüberliegenden, Kakteen umsäumten, Balkon. Er würde sich nur wünschen, dass ihm das auch bei anderen gelingt. Denn zurzeit seien Kakteen "nicht so toll in". Dabei hatte der von ihm mitbegründete Kakteenverein "Trier und Umgebung" zu seiner Glanzzeit 35 Mitglieder. "Aber die acht oder neun Leute, die heute noch aktiv sind, werden den Verein nie sterben lassen", ist sich Boch trotz des Schrumpfungsprozesses sicher. Immerhin konnte er seine anfangs nur wenig begeisterte Frau Renate schon für Kakteen gewinnen. 17 Mal war er mit ihr schon auf den Kanarischen Inseln, wo sie wahre Prachtexemplare bestaunen konnten. Außerdem setzt er Hoffnung auf seinen siebenjährigen Neffen Marcel: "Er hat seine ersten zehn Töpfchen gepflanzt." Bei soviel Begeisterung für die exotischen Gewächse versteht sich eines schon fast von selbst: Bei den Auftritten der "Riesling Harmonists", die mit Liedern wie "Mein kleiner grüner Kaktus" ihr Publikum begeistern, ist Kajo natürlich immer mit dabei.

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