Kein "Gürtel" für die Moseltalhalle

PIESPORT. Der ursprünglich für die Holzkonstruktionen in der Piesporter Moseltalhalle vorgesehene Brandschutzanstrich ist nicht ausgeführt worden - warum, ist in keiner Akte verzeichnet.

 Beim Bau der Moseltalhalle wurde entgegen früherer Planungen auf einen Brandschutzanstrich verzichtet.Foto: Maria Adrian

Beim Bau der Moseltalhalle wurde entgegen früherer Planungen auf einen Brandschutzanstrich verzichtet.Foto: Maria Adrian

Brandschutzfarbe verzögert die Entflammbarkeit von Holz um bis zu 30 Minuten. Auch für die Moseltalhalle in Piesport war ein solcher Anstrich in der Ausschreibung vorgesehen. Doch die hölzerne Deckenkonstruktion der Festhalle - in der regelmäßig über 1500 Menschen Karneval feiern und Konzerten lauschen - ist nicht gestrichen worden. "Das Gebäude ist ruckzuck geräumt"

Fest steht, dass in der Ausschreibung ein Anstrich mit Brandschutzfarbe vorgesehen war. Dieser Posten sei jedoch bei einem Gespräch mit dem Architekten aus dem Auftrag gestrichen worden, behauptet Malermeister Nikolaus Plein, der vor rund zehn Jahren von der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron den Auftrag für die Malerarbeiten an der Halle erhielt. Michael Werner, Brandschutzbeauftragter der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, sagt: "Das Gesetz schreibt nicht explizit Brandschutzfarbe vor, sondern lässt mehrere Schutzmöglichkeiten zu, es muss nur für ausreichend Sicherheit - egal durch welche Vorkehrungen - gesorgt sein." Der Feuerwehrmann betont: "Wie der Bauleiter innerhalb dieser gesetzlichen Vorschriften handelt, liegt in seiner Verantwortung." Die Bauleitung beim Bau der Moseltalhalle hatte der Neumagener Architekt Peter Kort. "Auf den Brandschutzanstrich konnte verzichtet werden. Die Halle hat sieben Fluchttüren und ist ebenerdig - das Gebäude ist ruckzuck geräumt", sagt Kort. Malermeister Plein sind damals jedoch andere Gründe zu Ohren gekommen: "Der Hallenbau wurde der VG zu teuer, deswegen haben sie die Brandschutzfarbe heraus genommen." Plein wandte sich damals an die Verantwortlichen. "Ich habe sowohl die Verbandsgemeinde als auch die Kreisverwaltung in Wittlich darauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Halle ohne Brandschutzfarbe eigentlich ein Unding ist", sagt der Maler. "Bis jetzt haben wir auf Holzdecken in öffentlich zugänglichen Gebäuden immer einen solchen Anstrich aufgebracht", berichtet er aus langer Erfahrung. Doch seine Proteste verhallten ungehört: Die Halle wurde ohne Brandschutz-Anstrich gebaut. Neun Jahre ruhte die Sache, dann kam der große Schreck. Plein: "Die Innung hat mir gesagt, dass ich, wenn ein Feuer in der Halle ausbricht, für die Schäden haftbar gemacht werden könnte." Der Grund: Es gibt keinen schriftlichen Beweis dafür, dass der Brandschutzanstrich aus dem Auftrag heraus genommen wurde. "Theoretisch könnte es ja auch sein, dass der Maler den Schutzanstrich vergessen hat", beurteilt Gerhard Müller, Rechtsberater bei der Handwerkskammer Trier, die Lage. "Wenn Plein nicht beweisen kann, dass ihm der Auftrag entzogen wurde, kann er zur Haftung heran gezogen werden", sagt der Jurist. Dass die Moseltalhalle von Bauamt, Tüv und der Versicherung nach Bauabschluss abgenommen worden ist, spreche jedoch dafür, dass die Brandschutzanstrich auftragsgerecht nicht durchgeführt wurde. "Außerdem haben die Bau-Kontrolleure mit der Abnahme auch Verantwortung übernommen", sagt Müller. Doch Malermeister Plein hat keinen Beweis für die Auftragsänderung: Weder in den Bauunterlagen, die bei der VG-Verwaltung in Neumagen liegen, findet sich ein Vermerk über die Auftragsänderung noch im Bautagebuch des Architekten. Kort gibt zu: "Es ist schon ein bisschen komisch. Normalerweise werden solche Auftragsänderungen im Bautagebuch festgehalten. Warum das in diesem Fall nicht so ist, weiß ich nicht." Hans-Werner Schmitt, jetziger Bürgermeister der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron, die die Bauherrschaft für die Halle hatte, ist zuversichtlich: "Ich gehe davon aus, das alles seine Richtigkeit hat. Schließlich ist die Halle abgenommen worden." Doch obwohl Bauleitung und Bauherr nicht bestreiten, dass die Brandschutzfarbe - aus welchen Gründen auch immer - aus dem Auftrag genommen wurde, hat Maler Plein immer noch keine schriftliche Bestätigung darüber, die ihn von seiner Haftung entbinden würde. "Ich schlafe keine Nacht mehr durch - schließlich könnte durch die Feuerwerkskörper, die bei den Karnevalsveranstaltungen gezündet werden, schnell mal was anfangen zu brennen", sagt Plein. Schlimmer als Pleins schlaflose Nächte wiegt jedoch die Vorstellung von einer im Brandfall möglicherweise ausbrechenden Panik unter den bis zu 1800 Gästen. Ein Brandschutzanstrich würde dann eine halbe Stunde mehr Zeit lassen, um die Menschen in Sicherheit zu bringen. Das streitet Architekt Kort auch nicht ab. "Aber das wäre doppelt gemoppelt, wie Hosenträger und Gürtel." Und außerdem: "Bei Gebäuden von öffentlicher Hand wird nur gemacht, was gemacht werden muss."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort