Kein Vergleich zu früher

HAHN. Im Jahr 1150 wurde Hahn erstmals urkundlich erwähnt. Das wird so manchen wundern, denn der Hahn wurde doch erst nach dem Krieg gebaut. Aber die Rede ist nicht vom Flughafen, schließlich gibt es in dessen Nähe auch ein Dorf gleichen Namens. Die 200-Seelen Gemeinde liegt nur 400 Meter von der Rollbahn entfernt. Seit mehr als einem halben Jahrhundert leben die Menschen hier sozusagen Tür an Tür mit dem Flughafen.

"Keiner wusste so genau, worum es ging, als 1951 Vermesser über die Wiesen der örtlichen Bauern liefen", erinnert sich Wolfgang Schmidt, Ortsbürgermeister der Gemeinde Hahn. Es waren Ingenieure der Philipp Holzmann AG aus Koblenz. Im Auftrag der französischen Armee begannen sie mit den Vorbereitungen für eine Militärbasis. Der damalige Bürgermeister von Hahn hatte nur die Anweisung einer französischen Dienststelle in die Hand bekommen, woraus hervorging, dass ein Flugplatz geplant werde. Die Bauern wurden zwar für ihr Land entschädigt, aber sie waren verständlicherweise erst einmal negativ eingestellt. Rund ein Jahr später übernahmen die Amerikaner die Planungen und Bauarbeiten. Im Laufe der Zeit gewöhnte man sich in Hahn an die neuen Nachbarn. Groll hegten die meisten Menschen nicht. Pastor musste das Gebet unterbrechen

Wolfgang Schmidt, der 1957 auf die Welt kam, sagt: "Ich bin mit den Amis groß geworden, viele von uns kannten es gar nicht anders. Außerdem war die Airbase für viele Arbeitgeber. "Ungefähr aus jedem dritten Haus hat jemand bei den Amis gearbeitet" erinnert sich Dieter Ochs-Wedertz, Chronist des Ortes. "Ich wüsste nicht, wie es heute hier aussehen würde ohne den Hahn", fügt Schmitt hinzu. Trotz alledem hatte der Fliegerhorst auch seine unangenehmen Seiten - vor allem den Lärm. Rund um die Uhr schossen laute Kampfflugzeuge in den Himmel. "Man konnte sich teilweise nicht mehr auf der Straße unterhalten", sagt Ochs-Wedertz. Schmitt erinnert sich, dass der Pastor bei Beerdigungen auf dem Friedhof das Gebet unterbrechen musste, weil ihn sonst keiner verstand. Besonders schlimm für die Einwohner wurde es den 60er Jahren: Damals wurden in einer Entfernung von nur 600 Metern vom Dorf die Triebwerke der Kampfjets getestet - und zwar nachts. Tagsüber waren sie ja im Einsatz. Das Ganze war mit einem Ohren betäubenden Lärm verbunden. Hinzu kam, dass Abwässer von der Rollbahn in den Trinkwasserbrunnen flossen. "Wir mussten unser Wasser abkochen", sagt Dieter Ochs-Wedertz. Die Einwohner suchten Hilfe bei deutschen Politikern. Sie wollten Lärmschutz und sauberes Trinkwasser. Aber es geschah nichts. "Wir fühlten uns von den Politikern im Stich gelassen", sagt Schmitt. Daraufhin blockierte das gesamte Dorf 1969 mit einer Demonstration die Hunsrückhöhenstraße. Um zusätzlich Druck zu erzeugen, wählte Hahn bei der Kommunalwahl keinen Gemeinderat. Außerdem drohte man damit, die Bundestagswahl im Herbst ebenfalls zu boykottieren. "Der "Stern" und das "ZDF" berichteten sogar darüber", erinnert sich Schmitt. Die Aktion trug Früchte. Noch im Herbst 1969 begannen die Bauarbeiten für eine neue Wasserleitung. In der Folge wurde Hahn an ein anderes Wasserwerk angeschlossen. Der Triebwerksprüfstand bekam einen Schallschutz, Jahre später wurde er ganz entfernt. 1991 lösten die Amerikaner die Airbase auf. "Das war für mich, wie wenn ein Verwandter gegangen wäre", erinnert sich Schmidt, der sich eine Zukunft ohne die Amerikaner kaum vorstellen konnte. Mittlerweile hat sich der ehemalige Militärflughafen in einen modernen Zivilflughafen verwandelt, auf dem auch heute wieder viele Menschen aus Hahn arbeiten. "Mit den Verantwortlichen funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut", sagt der Bürgermeister. "Nur ab und zu riecht man die Abgase der großen Flugzeuge - je nachdem wie der Wind steht". "Und der Krach heute ist kein Vergleich mehr zu früher", sagt Dieter Ochs-Wedertz. Und: "Heute muss kein Pastor mehr die Zeremonie am Friedhof unterbrechen". Das Forum "Zukunft ausbauen - Infrastrukturmaßnahmen rund um den Flughafen Frankfurt-Hahn" startet am Freitag, 4. März, 19 Uhr, in der Aula der Landespolizeischule. Veranstalter ist der Verein "Bürger für den Zivilflughafen Hahn".

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