Kröver Winzer verärgert

KRÖV. Mit knapper Mehrheit hat der Gemeinderat Kröv bei seiner öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend erneut für den Ausschank von Bier beim Trachtenfest abgestimmt. Ein entsprechender Antrag des örtlichen Bauern- und Winzerverbands, der das verhindern wollte, wurde damit abgelehnt.

"Das ist so, als würde man einen Weihnachtsmarkt ausrichten, um Osterhasen zu verkaufen", sagt Johannes Schnitzius. Der Winzermeister aus Kröv ist enttäuscht. Und verärgert. So wie die vier weiteren Winzer, die mit ihm draußen vor der Ratsherrenstube stehen. Wenige Minuten zuvor waren sie noch alle drinnen, haben oben im ersten Stock im Sitzungssaal gesessen und zugehört, wie der Gemeinderat über einen defizitären Haushalt und das Umwidmen eines Straßenstücks abgestimmt hat (siehe Bericht auf der nächsten Seite). Bis dann schließlich der Tagesordnungspunkt an der Reihe war, weswegen sie überhaupt gekommen waren: Ihr Antrag - oder vielmehr der Antrag, den der Vorstand des Bauern- und Winzerverbands Kröv eingereicht hatte. Vom Winzer als Rückrat und Träger der dörflichen Kultur ist darin die Rede, vom Selbstverständnis hinsichtlich Geschichte, vom weltweit einzigartigen Wein und von Bier, das zwischen all diesen Werten fehl am Platze sei. Nachdem der Gemeinderat im Vorfeld des vergangenen Kröver Wein- und Trachtenfests den Ausschank von Bier erstmals bewilligte und damit bei den Winzern für viel Protest und zum Teil unsachlichen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern sorgte (der TV berichtete), soll dieser Antrag ein zweiter Versuch sein. Ein zweiter Versuch der Winzer, den Rat zu einem Trachtenfest ohne Bier umzustimmen. Ein zweiter Versuch, der im Rat erneut diskutiert wird. Und ein zweiter Versuch, der schließlich scheitert. Mit neun zu acht Stimmen entscheiden sich die Gemeindevertreter gegen den Antrag. Das ist knapp. Ungefähr so knapp wie das Ergebnis der deutschen Handballer, die zur gleichen Zeit ihren Sieg im WM-Halbfinale gegen Frankreich feiern. Über den sportlichen Erfolg ihrer Landsleute freuen sich auch die fünf Winzer vor der Tür, auch wenn sie ihre französischen Winzerkollegen beneiden, weil diese sich sicher nicht über Bierausschank bei Weinfesten ärgern müssen. Noch nicht mal dann, wenn sich dadurch der Gewinn steigern ließe."Ein Tritt in den Nacktarsch"

Dass dem so ist, daran haben die Kröver Winzer ohnehin ihre Zweifel. Was im vergangenen Jahr beim Trachtenfest an Bier umgesetzt worden sei, habe beim Weinumsatz nahezu eins zu eins gefehlt, sagt Bruno Römer. Das Argument, mit Bier ließe sich zusätzliches Geld verdienen, zieht daher für keinen der Winzer. "Der Gemeinderat hat soeben einem Großteil der Menschen in den berühmten Kröver Nacktarsch getreten", sagt Johannes Schnitzius, und sieht die touristische Bedeutung der Veranstaltung durch den Bierausschank noch weiter gefährdet als sie ohnehin schon ist. "Hier wird ein billiger Ramschmarkt aufgebaut, und das, was der Gast will, wird verwässert", sagt er. Es gehe hier nicht darum, einen Feldzug gegen Bier zu führen, meint Bruno Römer, auch wenn Kröv nun mal ein Weinort sei. Er selbst trinke hin und wieder auch mal gerne ein Gezapftes, doch er könne beim besten Willen nicht verstehen, dass jetzt, nach 52 Jahren ohne Gerstensaft, und zu einer Zeit, in der Riesling wieder weltweite Anerkennung genieße, ein Bierstand die Lösung sein soll.

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