Lieber weniger hoch hinaus

Ein Hochwasserschutz für die alle zehn Jahre zu erwartenden Wassermassen muss es nach Ansicht der Reiler gar nicht sein. Wichtiger wäre ihnen ein Schutz vor den mehrmaligen jährlichen Überschwemmungsschäden und die Sicherung ihrer Gebäudekeller.

 Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang es einen Hochwasserschutz für Reil geben wird, spielt auch das malerische Ortsbild eine Rolle, das links der Brücke eine etwa 700 Meter lange Mauer zur Mosel hin abgrenzen soll. TV-Foto: Ursula Schmieder

Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang es einen Hochwasserschutz für Reil geben wird, spielt auch das malerische Ortsbild eine Rolle, das links der Brücke eine etwa 700 Meter lange Mauer zur Mosel hin abgrenzen soll. TV-Foto: Ursula Schmieder

Reil. Die Bürger von Reil verstehen es, zu überraschen. "Das hab ich ja noch nie erlebt", wundert sich Joachim Gehrke, Leiter Regionalstelle Wasserwirtschaft bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord. Dass die Leute mit wenig zufrieden seien, sei für ihn eine neue Erfahrung. Auslöser seiner Verwunderung ist, dass die Reiler schon mit einer kleinen Hochwasserschutz-Lösung zufrieden wären, für die die SGD demnächst Alternativen unterbreiten wird.Moselvorland zu schmal für einen Deich

Eine "De Luxe"-Version wie in Lieser wäre für sie ohnehin nicht in Frage gekommen, wie Gehrke-Mitarbeiter Karl-Heinz Ginsbach deutlich macht. "Eine Deichlösung wäre hier gar nicht möglich", verweist er auf das in Reil schmale Moselvorland des etwa 700 Meter langen gefährdeten Bereich von der Brücke aus gesehen links. Sinnvoller wäre eine Mauer, die ähnlich wie in Oberbillig (Kreis Trier-Saarburg) bei Bedarf durch mobile Aufsätze etwas erhöht werden könnte. Allerdings dürfte dieser Schutz nicht zu groß geraten. Wegen des malerischen Ortsbildes wäre ansonsten mit Problemen bei den Genehmigungsverfahren zu rechnen. Doch allzu hoch hinaus wollen die Reiler ohnehin nicht. Was ihnen vor allem am Herzen liegt, ist ein Schutz vor den vielen kleineren Hochwassern, mit denen sie mehrmals im Jahr leben müssen. "Sechsmal im Jahr etwa 1,2 Meter — das sind die Hochwasser, die unsere Bürger belasten", führt Ortsbürgermeister Artur Greis vor Augen. Eine 80 Zentimeter hohe Mauer, die bei Bedarf um 30 oder 40 Zentimeter aufgestockt werden könnte, fänden daher etliche Bürger, die den Ausführungen der SGD folgen, völlig ausreichend.Vor allem aber erhoffen sie sich mehr Stabilität für ihre Keller. "Bei uns sind viele Keller gar nicht richtig abgedichtet — bei Hochwasser drückt das von einer Wand zur anderen", erläutert ein Bürger das Problem. Laut Ginsbach läge jedoch für eine Sicherung der Keller kein öffentliches Interesse vor, was Voraussetzung für die 90-prozentige Finanzierung durch das Land wäre. Für Winzer wie Thorsten Melsheimer ist das nicht nachvollziehbar. "Warum sind Keller nicht schützenswert, Wohngebäude aber schon?", hakt er nach. "Die Keller sind hier Wirtschaftsgut", erhält er Unterstützung aus den Reihen des Gemeinderates. Winzerkeller seien nicht vergleichbar mit Kellern, in denen Gerümpel stehe. Und der Tourismus in den Häuserreihen oberhalb der "Dorfstraße" wäre ohne den Einsatz der Menschen in den vom Hochwasser betroffenen Häusern unterhalb gar nicht denkbar. Eine etwas andere Betrachtung sei daher sicher angebracht: "Unsere alten Dorflagen hier sind gleichzeitig unser Gut."53 Wohngebäude vom Hochwasser betroffen

In ihrer ersten Untersuchung hatte die SGD den Schutz vor zehnjährig wiederkehrenden Hochwassern zugrunde gelegt. Konkret betroffen davon sind derzeit in Reil 53 Wohn- und 61 Nichtwohngebäude. Mit einer Umsetzung eines entsprechenden Hochwasserschutzes — mit einer rund 2,5 Meter hohen Mauer und Kosten von gut zehn Millionen Euro — könnte laut Ginsbach allerdings vor 2012 kaum begonnen werden. Die Unterstützung der Verbandsgemeinde ist den Reilern aber in jedem Fall gewiss. Die großen Hochwasser könnten zwar nicht zurück gehalten werden, ist sich Bürgermeister Otto Maria Bastgen bewusst. Doch zumindest sollte Reil vor denen, "die richtig nerven", verschont bleiben. Allerdings legt er Wert dar auf, dass die Bürger frühzeitig in die Planung Hochwasserschutz eingebunden werden: "Das gibt im Sommer schon ein ganz anderes Landschaftsbild."

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