Lügen statt Liebe

WITTLICH. Mit zwei Jahren Haft ohne Bewährung bestrafte das Amtsgerichts Wittlich einen Heiratsschwindler. Zwar gelobte der Verurteilte, den finanziellen Schaden, den er angerichtet hat, wieder gut zu machen, eine Entschuldigung hielt er aber nicht für nötig.

Heiratsschwindler lügen das Blaue vom Himmel herunter, lullen ihr weibliches Gegenüber ein mit Gewäsch vom traumhaften Leben, das sie an seiner Seite erwartet. Ziel der Übung: Absahnen, was das Zeug hält. Auch der 40-jährige K. aus einem kleinen Moselort beherrscht diese Masche bestens.Während der Verhandlung vor dem Wittlicher Amtsgericht verstrickte der Angeklagte sich in seinem Lügennetz. Er verwechselte Wohnorte, Arbeitsverhältnisse, ja selbst die Namen seiner Freundinnen brachte er nur selten in die richtige Reihenfolge. "Dann zog ich in die Gegend zwischen Konz und Saarburg, ich weiß nicht mehr genau, wie der Ort heißt", so eine Aussage. Und obwohl K. in dem kleinen Ort an der Saar nur wenige Wochen wohnte, nutzte er diese Zeit für das, was er am besten kann: Er wickelte die Tochter des Chefs um den Finger.Mit der einen Frau war K. verheiratet, während er mit einer zweiten essen ging und einer dritten die Ehe versprach. Sämtlichen Frauen präsentierte er die gleiche Geschichte: Die ganze Welt habe sich gegen ihn verschworen.Menschenverachtende Systematik

Jede Dame kürte er - zumindest verbal - zu seiner Traumfrau, die allein ihm helfen könne, ein neues Leben zu beginnen. So luchste er in atemberaubendem Tempo den Damen große Summen ab: Verkaufte Grundstücke, aufgelöste Bausparverträge, geplünderte Konten pflasterten seinen Weg. So kaufte Zeugin H. einen PKW für 33 000 Euro. Nicht nur log K. ihr vor, den Kombi für seine nie gegründete Schreinerei zu brauchen; mit Hilfe zweier Kaufverträge und einer Kopie ihres Ausweises schaffte er es sogar, den Wagen auf seinen Namen umschreiben zu lassen. Die kleine Rente, die K. nach einem Unfall bezieht, würde für ein bescheidenes Leben reichen. Bescheidenheit ist K.s Sache jedoch nicht. Sein Erfolgsrezept bei den Frauen, die er fast ausschließlich per Kontaktanzeige kennen lernte: Er machte allen Hoffnung auf einen Lottogewinn von über einer Million DM, an die er momentan "nicht drankommt", weil er sie auf einer Luxemburger Bank angelegt hat. Sobald er die Million habe, zahle er alles zurück, versprach er immer wieder. Zum Beweis präsentierte er gefälschte Dokumente.Warum sie auf diese Masche hereinfielen, konnte die Damen bei der Verhandlung nicht sagen. Verliebt waren sie und gutgläubig, und Mitleid hatten sie mit dem armen Kerl, der alles zu versuchen und dem gar nichts zu gelingen schien. Systematisch nutzte der Angeklagte dieses Mitleid aus. "Er war mit äußerster Schnelligkeit und einer menschenverachtenden Systematik am Werk", so Richter Thul. Selbst die eigene Tochter benutzte K. als Mittel zum Zweck. Zwar bestand er gegenüber seiner von ihm getrennten Ehefrau auf Umgangsrecht, gab die Tochter jedoch häufig schlicht bei der einen "Dame seines Herzens" ab, um ungestört die andere besuchen zu können. Vertrauen und Bargeld erlog sich K. mit allerlei Geschichten: Mal war das böse Finanzamt schuld, mal sein Ferienhaus auf Korfu, mal ein Tumor im Kopf. Stets sprach er von beträchtlichen Außenständen. Sowohl von seiner Ehefrau als auch von der erfolgreichen Frankreich-Tournee der Musikband, bei der er Mitglied sei, habe er noch erhebliche Summen zu bekommen.Zwei Jahre ohne Bewährung lautete das Urteil nach siebeneinhalb Stunden Verhandlung. Nach einem ausgeklügelten Plan habe sich K. an die Frauen herangemacht, ihre Emotionen für seine Zwecke ausgeschlachtet, so der Richter. Auch in der Verhandlung begriff K. den von ihm angerichteten menschlichen Schaden nicht. Lediglich den finanziellen Schaden in einer Gesamthöhe von über 150 000 Euro versprach er zu ersetzen. Derweil hat mindestens eine der Damen bereits Privatinsolvenz angemeldet. Der Heiratsschwindler legte Berufung ein. Demnächst muss sich das Landgericht mit seiner Angelegenheit befassen.

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