Mit dem "Adler" zum Katasteramt

BERNKASTEL-KUES. Ehrenrunde auf dem Oldtimer-Fahrrad: Wie vor 50 Jahren schwang sich Uwe Praus am 1. September auf sein altes Adler-Tourenrad und fuhr von Wehlen nach Bernkastel-Kues zum ehemaligen Katasteramt in der Görresstraße.

Im Jahre 1953 startete Uwe Praus zum ersten Mal als Lehrling zu seiner künftig täglichen Fahrt zu seiner Arbeitsstätte.Fast zehn Jahre lang legte er mit seinem Fahrrad die Strecke zwischen seinem Heimatort und dem Katasteramt in Bernkastel-Kues zurück. "Da kamen fast 24|000 Kilometer zusammen", sagt Praus. Das war Grund genug für den Beamten, der zur Zeit die Freistellungsphase der Altersteilzeit genießt und im nächsten Jahr in Pension geht, diese Fahrt nach einem halben Jahrhundert noch einmal aus Nostalgie zu widerholen. Eigens hierfür holte er sein Oldtimer-Fahrrad, das er in den 70er Jahren neu lackierte, vom Speicher und machte es fahrtüchtig. "Ich habe das Rad immer gepflegt und in Ehren gehalten, denn meine Mutter hat den damaligen Preis von 186 Mark von ihrer Kriegerwitwenrente abgestottert", erzählt Praus.Auf der Klingel steht noch der Name des Geschäftes: Handlung Aloys Görgen in Wehlen. Und das Fahrrad ließ ihn auch bei seiner Jubliäumsfahrt nicht im Stich, "allerdings war die Fahrt nicht so schön gemütlich wie früher", gibt Praus zu, als er an der Treppe des ehemaligen Katasteramtes (heute Dienstleistungszentrum ländlicher Raum - Mosel) ankommt."Früher konnte man noch freihändig mitten auf der Straße fahren", erinnert er sich schmunzelnd. Er fuhr bei jedem Wetter mit seinem "Drahtesel" zur Arbeit, bei Regen schützte ihn der mausgraue Klepper-Mantel."Und bei Nebel wusste ich oft nicht, wo ich mich gerade befand", lacht Praus. Erinnerungen werden wach an seinen täglichen rund drei Kilometer langen Weg zur Arbeit. "Meine Brötchen kaufte ich immer bei Hektor an der Ecke gegenüber des Amtes, das Brötchen zu fünf, den Weck zu zehn Pfennigen."Enorm gewandelt haben sich nicht nur die Preise, sondern auch die Arbeitsweise des Katasteramtes als heutige Dienstleitungsbehörde mit modernster Technik, die eine Entwicklung von den Kartenwerken des preußischen Grundsteuerkatasters bis zur modernen digitalen Liegenschaftskarte aufweist."Als Lehrling musste ich zunächst die deutsche Schrift schreiben lernen, damit ich die über 100 Jahre alten Katasterbücher überhaupt lesen und fortführen konnte", so Praus weiter. Im ersten Jahr bekam der damalige Lehrling 45 Mark Ausbildungsbeihilfe.Früher mussten auch die Flurkarten noch abgezeichnet werden, "dazu brauchte ich je nach Umfang im ersten Lehrjahr oft mehrere Stunden", berichtet er weiter.Kein Vergleich zum Computerzeitalter

Ob Lichtpausenherstellung auf der Außentreppe per Sonnenlicht, Grundsstücksvermessungen mittels einfacher Methoden, die Fahrt in den Außendienst im VW-Standard mit Brezelfenster oder mit der damaligen Moselbahn - die Arbeiten und Techniken sind mit dem Computerzeitalter micht mehr vergleichbar."So wie mein Fahrrad, das auch zur Nostalgie gehört", bemerkt Praus. Dann schwingt er sich noch einmal auf sein Rad zum Besuch der Kollegen im Katasteramt, das sich mittlerweile im Viertheil befindet - womöglich aber an seinen einstigen Standort zurück kommt.

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