Morbach ist mehr als nur ein Dorf

Für viele Reisende ist Morbach nur ein Ort am Rande des Wegs von Trier zum Flugplatz Hahn oder nach Mainz. TV-Redakteur und bekennender Eifeler Harald Jansen ist von der Hunsrückhöhenstraße abgebogen und hat die Einheitsgemeinde bereist.

Morbach. O.k. Ich habe ein klein wenig geschummelt. Und das gleich zwei Mal. Denn es ist nicht mein erster Besuch in Morbach, da ich mehrfach in der Baldenauhalle bei mehr oder weniger wichtigen Ereignissen zugegen sein durfte. Außerdem habe ich eher zufällig, schließlich hat der Ort Morbach allein rund 3000 Einwohner, den aus dem Ort stammenden Ehemann einer geschätzten Kollegin getroffen. Und der hat mir dann erklärt, dass das durch die Ortsmitte vor sich hin plätschernde Rinnsal der Morbach ist. Womit die Frage nach der Herkunft des Ortsnamens geklärt sein dürfte.Vicus Belginum contra Telefonmuseum

Überhaupt nicht klar ist mir bis zu diesem Aufeinandertreffen, dass die Morbacher durchaus auf Besucher eingestellt sind, die länger als zwei Stunden im Ort verweilen wollen. Denn bei der Ankunft sehe ich zwar haufenweise Parkplätze, die sind aber alle auf eine Höchstparkdauer von zwei Stunden begrenzt. Und so rolle ich das Feld vom Parkplatz an der Baldenauhalle auf. Der erste Weg führt in die Dauerbaustelle namens Rathaus, in der sich die Tourist-Information befindet. Der Wunsch nach Informationen wird sofort und kompetent befriedigt und stellt mich vor die Wahl: Telefonmuseum, Holzmuseum oder Vicus Belginum? Und da es mir mit den Resten der römischen Siedlung bisher so gegangen ist wie mit Morbach selbst - man fährt dran vorbei -, soll es das Vicus sein. Doch zuvor will ich sehen, was der Ort so zu bieten hat. Erstaunlich viele Geschäfte und viel Gastronomie gibt es in Morbach, und vor einem Blumenladen ist richtig etwas los. Da ordern gleich mehrere Damen neue Pflanzen. Und das in Hunsrücker Dialekt, den ich als Eifeler verstehen kann, der für mich jedoch ungewohnt ist. In der Pfarrkirche St. Anna (1830 bis 1834 errichteter klassizistischer Saalbau, 1935 erweitert) beeindruckt vor allem das überdimensionale Kreuz mit der Christus-Figur, die durch das durch das Fenster strahlende Sonnenlicht fast unwirklich scheint. Damit das ganze nicht zu katholisch wird, möchte ich mir auch die evangelische Kirche ansehen. Doch die ist fest verschlossen wie eine Burg. Auf dem Rückweg entdecke ich in der Nähe der katholischen Kirche eine vom Oberkailer Johann Baptist Lenz gestaltete FigurenGruppe, die an das Marktgeschehen in Morbach erinnert. Für Marktstimmung ist der Ort bekannt gewesen, wie eine erfreulich informative Tafel verrät. Märkte finden heute mittwochs auf dem Marktplatz statt, wie auf einem Verkehrsschild zu lesen ist, das an diesen Tag das Parken beschränkt. Und noch zwei Tafeln weisen auf bemerkenswerte Orte hin. Die eine erinnert an einem aufgrund seiner aufwendigen Fassade so gar nicht zum Rest Morbachs passen wollenden Hotel an die Gründung des Hunsrückvereins. Die andere informiert über Edgar Reitz und dessen Elternhaus. Reitz hat die Heimat-Film-Trilogie geschaffen, die sich um das Leben von Menschen aus dem Hunsrück dreht. Vorbei geht es an einem ausladenden Kriegerehrenmal zurück zum Auto. Von dort aus mache ich mich zum Vicus Belginum auf - und dann erneut an einer Stelle halt, an der ich bisher nur vorbeigefahren bin: die Ruine der Burg Baldenau zwischen Hinzerath und Hundheim. Beide Dörfer gehören zur Gemeinde Morbach, was am "M.-" auf den Verkehrsschildern deutlich wird. Morbach ist eben viel mehr als nur Morbach allein. 11 055 Menschen leben dort laut Wikipedia auf einer Fläche von 122,2 Quadratkilometern. Insgesamt 19 Ortsbezirke hat Morbach. Es ist wieder die Heimat-Trilogie, die mir an der Burg begegnet. Die Ruine der vom Trierer Erzbischof Balduin nach 1315 gebauten Anlage war Schauplatz einer Szene im Film, bei der es ein großes Sonntagspicknick gibt und ein Radio-Empfänger die große, weite Welt in den Hunsrück bringt.Tempelbezirke und ein römisches Militärlager

Wenige Kilometer von diesem Drehort entfernt schlummern die Reste des römischen Vicus Belginum unter der Erde. Zum römischen Straßendorf mit Gräberfeld (2500 Bestattungen) gehören auch die Reste eines Kulttheaters, Tempelbezirke und ein römisches Militärlager. Ein modernes Besucherzentrum informiert über den geschichtsträchtigen Ort. Stolze vier Euro kostet der Eintritt, der Audio-Guide einen Euro zusätzlich. Bei den Erklärungen über den Vicus gibt es dann eine Sequenz, in der Düsenjets das Gespräch zwischen Expertin und Sprecher unterbrechen. So etwas nennt man wohl authentisch und ist für mich ein Stück Heimat. Denn ich erinnere mich noch gut an Schulstunden in der Eifel, in denen Düsenjäger den Lernbetrieb unterbrachen. Das ein oder andere Mal geschummelt habe ich damals auch schon.

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