Morgenluft für Märchenschloss

WITTLICH. Seit dem TV-Bericht über die alte Idee eines Historikers, das Schloss Philippsfreude wieder aufzubauen und der Neuigkeit, dass er nun die Umrisse des Baus am Standort aufmalen darf, ist der vergessene Feudalsitz wieder Stadtgespräch: Patrick Bourassin wittert Morgenluft für sein Märchenschloss.

"Ich will kein Schloss für einen Kurfürsten, sondern ich habe eine Vision. Ein Schloss für die Einwohner von Land, Kreis und Stadt", sagt Patrick Bourassin und: "Ich würde dafür bis nach Berlin reisen. Aber ich muss dafür ein Mandat von Volk und Stadt bekommen." Seit dem Bericht "Der Stadt die Krone wieder aufsetzen" vom TV am 29. Juni ist das mittlerweile jahrzehntelange Engagement des gebürtigen Franzosen für die Rekonstruktion von Schloss Philippsfreude wieder Stadtgespräch. Französische und rheinische Füße

Hintergrund war eine Mitteilung im Kulturausschuss, dass man dem Historiker gestatten wolle, wenigstens die Umrisse des nach 1803 abgebrochenen neoklassizistischen Baus am früheren Standort nahe des heutigen Schlossplatzes aufmalen zu dürfen. Dazu soll es im September noch einmal ein Gespräch mit der Stadtverwaltung geben, sagt er, so dass es vor der Säubrennerkirmes wohl nicht mehr klappt mit der historischen Spur am Boden. Einen Narren gefressen hat Patrick Bourassin am Projekt als Student: "Ich war bei meiner Schwiegerfamilie in Wittlich, die mit Matthias Mehs befreundet war, als ich vom Schloss hörte." Gleich ging es in die Nationalbibliotheken Frankreichs in Paris und Metz. Der junge Mann studierte die Aufzeichnungen des französischen Architekten Jean Antoines im Original, der 1763 das Schloss auf den Überresten von Burg Ottenstein fertig baute. Der Vorgängerbau, im September 1689 vom Kriegsminister Louvois geflämmt, war zuvor 1759 in einem Plan von Johannes Seitz in seinen drei Stockwerken detailliert beschrieben worden. Das sind die beiden wichtigsten Quellen mit Hilfe derer der Wahl-Wittlicher gemeinsam mit seinem Sohn, einem Architekten, jetzt die Umrisse rekonstruiert hat. "Das war ein bisschen schwierig wegen der Maßstäbe, die waren ja nicht in Metern, sondern in Fuß angegeben. Das Problem war, dass damals in französischem und rheinischem Fuß gemessen wurde." Zu dem 55 Meter langen und etwa 17 Meter breiten Schloss-Grundriss will er auch fünf Rundtürme des Vorgängerbaus Burg Ottenstein markieren. Er zeigt auf seinen Lageplan: "Möge die Stadt jetzt nichts anderes tun, als diesen großen Platz freihalten." Dann könne man so vorgehen. "Erstens: Die Lage kennzeichnen und eine große Tafel dazu stellen, die alles erklärt. Zweitens: Die Flankentürme ein, zwei Meter hoch nachbauen, und drittens dann entscheiden: ‚Wir machen das endgültig oder gar nicht.‘ Ich bin ein einzelner, einsamer Ritter, und das ist schlecht. Aber entmutigt bin ich noch nicht." Für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses hat er übrigens auch seine Unterschrift gegeben. Nicht ohne den Zusatz: "Denn in Wittlich will ich das Gleiche tun." Hätte er einen stadtpolitischen Rückhalt, so sagt er, würde er auch Spender finden, wenn auch nur dafür, die Fassade auf einer Art großen Leinwand zu präsentieren. "Kunsthistorisch so gut wie nackt"

Er weiß natürlich auch: "Geld ist ein sehr wichtiges Argument. Aber warum verbindet man das nicht mit der Stadthalle und hat dazu drum herum eine schöne französische Gartenanlage im damaligen Stil?" Er blickt noch einmal auf seinen Plan: "Mein Kampf ist ähnlich wie der des Paters aus Himmerod, der das Kloster wieder aufgebaut hat. Ich kämpfe allerdings für ein weltliches Gebäude." Und warum das alles? "Ich bin gebürtig aus Tours, dort wo St. Martin begraben ist. Dort gibt es 100 Burgen, Schlösser, Klöster. Wittlich scheint mir kunsthistorisch so gut wie nackt. Das ist doch eine herausragende Perspektive: Früher wusste man, man ist bald in Wittlich, denn man sah von weither das Schloss. Heute sieht man als erstes das Krankenhaus." Wie denken Sie, liebe Leserinnen und Leser, über das Wittlicher Schloss? Schicken Sie uns Ihre Meinung in Kürze (maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge) bis Freitag, 10 Uhr, per E-Mail an mosel-echo@volksfreund.de oder per Fax an 06571/972039. Bitte Name und Adresse nicht vergessen.

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