Naturschutz, der nicht schützt

Ein Bauer hat Wiesen an der Lieser bei Manderscheid, die sich in einem Schutzgebiet befinden, mit Unkrautbekämpfungsmittel abgespritzt und neu eingesät. Naturschützer sind empört. Bei den Naturschutzbehörden herrscht Un einigkeit: Auf den unteren Ebenen heißt es, das Vorgehen sei aufgrund der Rechtslage nicht zu verhindern gewesen. Das Bundesamt für Naturschutz sieht das anders.

 Versuchte den Eingriff im Schutzgebiet zu verhindern: Wolfgang Moritz vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Im Hintergrund die Wiese, über die diskutiert wurde. TV-Foto: Marion Maier

Versuchte den Eingriff im Schutzgebiet zu verhindern: Wolfgang Moritz vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Im Hintergrund die Wiese, über die diskutiert wurde. TV-Foto: Marion Maier

Manderscheid. Das Liesertal zwischen Manderscheid und Wittlich gehört zu den elf FFH-Schutzgebieten im Kreis Bernkastel-Wittlich. FFH bedeutet: Das Gebiet steht nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie unter Schutz.Dennoch hat ein Landwirt Wiesen im besagten Schutzgebiet bei Manderscheid mit Unkrautbekämpfungsmitteln abgespritzt und neues Grünland eingesät. Naturschützer und -freunde sind geschockt. Der Angler Günter Fröhlich sagte: "Vegetation und Insekten sind geschädigt, das ist auf Jahre nicht wieder gut zu machen."Umbruch mit Einverständnis der Behörden

Wolfgang Moritz vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und auch der Förster Georg Fox hatten sich im Vorfeld an die Untere Naturschutzbehörde bei der Kreisverwaltung gewandt, um das Geschehene zu verhindern. Doch vergeblich.Der betroffene Landwirt Gerhard Röhl hatte sich im Vorfeld selbst an diese Stelle gewandt. Er erhielt wie alle anderen die gleiche Antwort, die laut Verwaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abgestimmt war: "Der Umbruch ist als ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung einzustufen und daher naturschutzrechtlich nicht zu verhindern." Der Grund: Noch fehle der Bewirtschaftungsplan. Erst mit diesem Plan könnten die Ziele für das Gebiet, nämlich die Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutztem Grünland, umgesetzt werden.Dieser Einschätzung widerspricht nicht nur der BUND-Bundesvorstand, sondern nach einer Schilderung der Sachlage auch das Bundesamt für Naturschutz. Beide vertreten dieselbe Meinung: Auch ohne Bewirtschaftungsplan gilt für das Schutzgebiet ein Verschlechterungsverbot. Allerdings macht das Bundesamt dabei eine Einschränkung. Das Verschlechterungsverbot gelte nur für bestimmte Arten sowie für die FFH-Lebensraumtypen dieses Gebiets.Die besagten Wiesen gehören laut Unterer Naturschutzbehörde zum Lebensraumtyp "Flachland-Mähwiesen". Das Verschlechterungsverbot müsste also für sie gelten.Doch ungeachtet dieser Widersprüche taucht noch ein weiterer auf. Die Untere Naturschutzbehörde geht davon aus, dass die mittlerweile umgebrochenen Wiesen an der Lieser bei Manderscheid zuvor extensiv bewirtschaft wurden. Dem widersprechen Förster Fox und die Besitzerin der Flächen. Zuvor sei dort auch mit Gülle gedüngt und bis zu drei Mal gemäht worden, heißt es. Beide sprechen von intensiver Nutzung.Der aktuelle Pächter Röhl will es in Zukunft nicht anders halten. Den Umbruch begründet er mit großen Wildschäden sowie großem Brennnessel und Ampfer-Vorkommen. Meinung Akuter Klärungsbedarf Was ein Wirrwarr! Da wird eine Wiese in einem Naturschutzgebiet platt gemacht und die Fachbehörden sind sich offensichtlich uneins, ob das rechtens ist oder nicht. Sofern nicht doch Details Ursachen für die unterschiedliche Einschätzung sind, herrscht hier akuter Klärungsbedarf. Das kann nicht sein. So kann Naturschutz nicht funktionieren. Doch das wäre nicht das erste Mal, dass beim Thema Flora-Fauna-Habitat-Gebiete so einiges schief läuft. Deutschland musste von der Europäischen Union ermahnt werden, FFH-Gebiete nachzumelden. Aktuell kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das Land Rheinland-Pfalz, weil es die Bewirtschaftungspläne seiner Meinung nach viel zu langsam erstellt. Laut BUND ist Rheinland-Pfalz bei diesem Thema eins der langsamsten deutschen Länder. Schade, dass Naturschutz hierzulande es so schwer hat! Denn macht die Natur nicht ein gutes Stück der Attraktivität dieses Landes aus? Eigentlich müsste sich jeder Rheinland-Pfälzer mehr Engagement in Sachen Naturschutz wünschen. m.maier@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort