Scheune wird Empfangsraum

MÜLHEIM. Nach 300- bis 350-jähriger Geschichte hat das Mülheimer "Haus Haag" am Freitag seinen großen Tag. Mit der offiziellen Einweihung als "Haus der Gemeinde" scheint eine glanzvolle Zukunft gesichert.

So fein herausgeputzt hat sich das Mülheimer "Haus Haag" den Bürgern schon lange nicht mehr präsentiert. Das frühere Winzerhaus, ein Trierer Einhaus, ist als frisch renoviertes "Haus der Gemeinde" zu einem Schmuckstück geworden. Allerdings zu einem Kleinod, das nicht nur zum Bestaunen, sondern auch zum Benutzen gedacht ist. "Menschen sollen sich wohl fühlen"

Die von Ortsbürgermeister Horst Faust formulierte Zielsetzung, "die Menschen sollen sich in ihm wohl fühlen", ist in allen Ecken zu erkennen. Sei es am frei gelegten Giebel-Fachwerk des mindestens 300 bis 350 Jahre alten Hauses oder an dem Schiefer-Sichtmauerwerk in der ehemaligen Scheune. Auch die südländisch anmutenden Fenstergewände tragen mit den geschwungenen Sandstein-Fassungen des Kellereingangs und der Sandsteintreppe zu diesem Eindruck bei. Gelungen ist auch die wohnliche Gestaltung der ehemaligen Schmiede, die in ihrer Substanz erhalten wurde. Die ehemalige Scheune hat sich im Erdgeschoss zu einem Empfangsraum gemausert, über dem sich ein Sitzungssaal mit zwei Vorräumen befindet - sowie darüber eine Galerie. Im Wohntrakt, der im ersten Stock Platz fürs Bürgermeisterbüro mit Archiv und kleinem Sitzungsraum bietet, ist die Tourist-Information eingezogen. Selbst der trocken und tiefer gelegte Gewölbekeller soll künftig genutzt werden. Die neue Zukunft des "Hauses Haag" nahm ihren Anfang 1998, als die Gemeinde das Anwesen kaufte. Mittlerweile sind in Sanierung und Umbau, die anfangs nicht unumstritten waren, 600 000 Euro geflossen. Doch das Ortsbild prägende Gebäude hat auch eine Geschichte, wie das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde sowie Berichte früherer Bewohner verraten. Ernst Haag hatte das - ehemals seinen Großeltern gehörende - Anwesen nach dem Krieg mit seiner Frau und den Schwiegereltern bezogen. Der waschechte Mülheimer, Jahrgang 1904, war im Ort ein angesehener Mann, der sich im Presbyterium und als Schiedsmann engagierte. Anders als sein aus dem Hausnamen entstandener Rufname "Koster Ernst" vermuten lässt, war er jedoch nie Küster. Dafür haben aber etliche Vorfahren dieses Amt ausgeübt, und auch seine Frau Hilde war 28 Jahre Küsterin. Obwohl Haag von den Eltern Wein- und Ackerbau übernommen hatte, war der Lebenstraum des zweifachen Vaters ein anderer. Das Studium der Archäologie oder Paläontologie blieb für den Träger der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland jedoch unerfüllt. Stattdessen war der begeisterte Musiker, der Posaune spielte und Unterricht für Blasinstrumente gab, beim MV Lieser, dem Kirchenchor und der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. 1997 starb der Mülheimer 93-jährig im Haus Haag. Mit der offiziellen Einweihung am Freitag, 3. Juni, gibt das Gebäude sein Debüt als Haus der Kultur. Erster Aussteller ist der Maler Erhard Fischer. Ein Besichtigungstag für alle ist zum Dorffest am 2./3. Juli geplant.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort