Spurensuche mit volkstümlicher Sage

LANDSCHEID. Die alte Kirche in Landscheid ist ein Stück Dorfgeschichte. Doch an das Gebäude erinnert nur noch ein altes, verwittertes Steinkreuz.

Für die Menschen der Landscheider Dorfgemeinde steht die Kirche im Mittelpunkt des Ortes. Der Vorgänger der Sankt Gertrud Kirche stand jedoch nicht in Landscheid selbst. In der Chronik von Professor Doktor Jakob Marx Senior wird ihr Standort beschrieben: "Die alte im Jahre 1864 gänzlich abgerissene Kirche hat in einer sumpfigen Niederung und eine Strecke entfernt vom Dorfe gestanden." Es ist seltsam, warum man die Kirche nicht ins Dorf baute, das auf erhöhtem und trockenem Boden stand. Heute befindet sich an der ehemaligen Stelle ein kleiner Park neben dem Spielplatz in der Maarstraße. In seiner Mitte steht ein Sandsteinkreuz, das an das Gotteshaus erinnert. Leider ist die Inschrift darauf nicht mehr zu entziffern. Im März wurden die alten hohen Tannen und Laubbäume des Parks entfernt, so dass das Kreuz isoliert stehend zurückgeblieben ist. Bei der Suche nach Informationen über die Kirche konnte Walter Feltes von der Volkshochschule Wittlich helfen. Er erinnerte sich noch aus eigener Kindheit an den Namen der Gegend "Kirchenpuhl". Auch würde die Bezeichnung "Kirchenpetschien" darauf hinweisen, dass man früher auf diesem Wege in den Gottesdienst ging. Walter Feltes verwies auf eine Festschrift, die zum Pfarrfest des 200-jährigen Kirchenjubiläums der Sankt Gertrud Kirche im Jahr 1985 verfasst wurde. Tatsächlich existiert noch ein Exemplar dieser Festschrift, zu deren Quellen auch die "Chronik der Kirchengemeinde Landscheid" von Professor Doktor Jakob Marx Senior gehörte.Rätselhafter Standort erklärt durch eine Legende

Der Professor erinnerte sich einer "wundersüchtigen Volkssage", die auch heute noch in der Erinnerung mancher Landscheider erhalten ist. Man habe ursprünglich die Kirche an die Stelle oberhalb des Dorfes auf der Höhe bauen wollen. Gemeint ist die Stelle, an der sich die Sankt Gertrud Kirche heute befindet. Was man aber an Baumaterial am Tage dorthin geschafft hatte, das habe sich des anderen Tages morgens an der sumpfigen Stelle befunden. Dieses sei "eine Weisung von oben" gewesen. Die Sage versuchte, den rätselhaften Standort durch Übernatürliches zu erklären. Über die Erbauungszeit der Kirche ist so gut wie nichts bekannt. Professor Marx gibt in seiner Chronik an, dass es einen Stein aus eine Nische hinter dem Altar gegeben haben soll, auf dem eine Jahreszahl eingegraben war. "Ich habe diese Jahreszahl als Knabe gesehen, ohne sie natürlich gehörig lesen zu können", berichtete er. Es handelte sich dabei um eine Schriftform, die im 14. und 15. Jahrhundert üblich war. Weiter schrieb Professor Marx: "Wenn meine Erinnerung nicht täuscht, dann hat der Pfarrer darin ein Jahr des fünfzehnten Jahrhunderts erkannt." Fest steht, dass es im Jahr 1569 eine Kapelle gegeben hat, die der heiligen Gertrudis geweiht war. 1654 sollten neue Fenster für sie angeschafft werden, die "das Licht besser hineinließen" und 1738 wurde der Bau bereits als äußerst baufällig bezeichnet. Einen Hinweis darauf, wer den Bau in Auftrag gegeben hat, findet sich ebenfalls bei Professor Marx. Im Jahr 1874 wurden ihm vom damaligen Pfarrer "die heiligen Reliquien" vorgelegt, die beim Abriss der Kirche unter dem Altartisch herausgenommen worden sind. Darunter befand sich ein versiegeltes Behältnis aus Blei. Professor Marx entdeckte auf dem beschädigtem Siegel aus weißem Wachs das Brustbild eines Bischofs. Er überlegte, ob es sich um einen Erz- oder Weihbischof aus Trier handeln könnte und entzifferte am Rand des Siegels die Reste von zwei "P". "Damit war ich überzeugt, dass das Siegel von dem Erzbischof Poppo sei." Landscheid gehörte damals zur Pfarrei Gransdorf und diese wiederum zum Stift Sankt Simeon zu Trier, das im Jahr 1042 vom Erzbischof Poppo gestiftet wurde. Die alte Kirche war offenbar sehr klein und im Inneren muss es sehr stickig gewesen sein. Der Platz reichte schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts nicht mehr für die stets wachsende Gemeinde aus. Viele Gläubige mussten sich mit einem Stehplatz unter freiem Himmel begnügen. Nach der Erhebung Landscheids zur Pfarrei 1803 bekam der Ort mit dem Neubau der Sankt Gertrud Kirche, eingeweiht am 29. Oktober 1865, endlich sein größeres Gotteshaus. Die alte, kleine Kirche geriet jedoch fast in Vergessenheit.

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