Verschollen im Umtauschdschungel

WITTLICH. Alle Jahre wieder … haben wir die Bescherung: Der Gabentisch biegt sich - leider vor Lachen, denn das "Doppelkopf"-Spiel liegt gleich zweimal drauf, von der CD grinst Trash-Rapper "Sido" statt Schmusediva "Dido" und Oma Erna hat in ihrer Verzweiflung zum fies karierten Retro-Schlips gegriffen. Also nichts wie hinein in den großen Umtauschrummel.

Eines vorab: Nur mit Kassenbon, Originalverpackung und dem Wissen rechtlos zu sein, sollten sich hoffnungsvolle Umtausch-Pioniere in den nachweihnachtlichen Geschäftssturm wagen. In der Hand das ungeliebte lila Weihnachts-Dessous kämpft Geschenkopfer Vera Mayer an der Kaufhauskasse verbissen um ihr vermeintliches Recht auf Warenwechsel. "Vermutlich umsonst", sagt Renate Schröder von der Trierer Verbraucherzentrale: "Auch wenn viele das denken - ein gesetzliches Umtauschrecht beim Ladenkauf gibt es nicht." Besonders bei Unterwäsche, unverschweißten CDs, Büchern und reduzierten Waren bissen umtauschwillige Kunden in den Geschäften häufig auf Granit, weiß die Beraterin. "Wir tauschen selbstverständlich - ohne Wenn und Aber", verspricht dagegen Günther Hees. Dabei sei das Tauschaufkommen "bedeutend weniger" geworden, freut sich der Chef des gleichnamigen Bernkasteler Modehauses. Die "sehr scharfe Wareneingangskontrolle" macht er dafür ebenso verantwortlich wie zunehmend "gezielte Kaufentscheidungen" der Kunden. Fast ein Drittel ihres Jahresumsatzes machen die deutschen Spielwarenläden nach Informationen des Einzelhandelshauptverbands zu Weihnachten. "Wir erwarten wieder eine große Umtauschwelle", erklärt entsprechend Simone Arens für das Rofu-Kinderland in Wittlich. Per Scanner ließe sich eindeutig klären, ob die Ware aus dem Hause stamme, hält sie Um- tauschnomaden entgegen. Bis zwei Wochen nach Weihnachten würde vorher dort gekaufte Ware zurückgenommen - "mit Kassenzettel gibt es auch Geld zurück, sonst einen Gutschein", erklärt Arens. Das ist nicht überall so: "Es gibt auch Geschäfte, die gar nicht umtauschen. Und oft melden sich Leute, die kein Geld zurück bekommen, obwohl ihnen einfach keine andere Ware in den Läden gefällt", berichtet Verbraucherberaterin Schröder. Besser dran sei man da immer noch beim Kauf im Internet, erklärt Lutz Wilde von der Stiftung Warentest: Vierzehn Tage Rückgaberecht habe man bei kommerziellen Anbietern laut Fernabsatzgesetz. Jüngster Wermutstropfen für die Verbraucher nur: Seit Anfang des Monats könne der Händler das Rücksendeporto uneingeschränkt den Kunden aufbürden. "Das gilt aber nur, wenn er das vor Kauf schriftlich mitteilt", stellt Wilde klar. Sein Tipp: "Sonst einfach portofrei zurückschicken." Noch immer steht die Dessous beschenkte Vera Mayer an der Wäschekasse. "Das nächste Mal gibt´s hoffentlich einen Gutschein", schnaubt sie leise vor sich hin - nichts ahnend von der deutschen Rechtsunsicherheit: Generell könne man weder auf Stückelung der Gutscheinsumme für Teileinlösungen pochen, noch dürfe man mit einer Barauszahlung der Gutschrift rechnen, warnt die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale. Die Trierer Kollegin ergänzt: "Nach einer Gesetzesänderung verlieren alle alten Gutscheine von vor 2002 zum Ende dieses Jahres ihre Gültigkeit. Betroffene Verbraucher sollten schnell handeln." Höchstens drei Jahre gelten Wertschriften nun nur noch - danach könne man aber das Geld abzüglich einer Schadenspauschale einfordern. "Da - der Saum ist doch vollkommen schief." Triumphierend schaut Vera Mayer zunächst auf den ungeliebten lila Slip und dann mitten ins Gesicht der verdutzten Verkäuferin. "Hmm" - sie schaut - "ja wenn das so ist, können sie sich selbstverständlich ein anderes Produkt aussuchen." Für nicht durch den Gebrauch hervorgerufene Mängel sind Händler den Kunden zwei Jahre lang regresspflichtig - in den ersten sechs Monaten ohne jedes Federlesen. Alternativen zum Klinkenputzen beim Kulanzumtausch versprechen auch Tauschbörsen: Direkttausch oder Ringtausch mit Kontoführung in der virtuellen Währung Bam bietet etwa ein bundesweites Online-Tauschkartell unter www.bambali.net - zur Zeit passend mit einer speziellen Geschenktauschbörse.

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