80 Koffer erzählen ihre Geschichte

Mal lebt sie in Brüssel, mal in Lieser. Nun machte Mana Binz' Projekt "Artecelli" im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Station an der Mosel. Und bot der Künstlerin damit einen willkommenen Rahmen zur Präsentation des neuen Koffer-Projektes.

 Wer schaut denn da von draußen rein? Mana Binz bei ihrem Objekt Artecelli, das derzeit auf seiner internationalen Reise im Rahmen des offiziellen Programms der Kulturhauptstadt 2007 Station in Lieser macht. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Wer schaut denn da von draußen rein? Mana Binz bei ihrem Objekt Artecelli, das derzeit auf seiner internationalen Reise im Rahmen des offiziellen Programms der Kulturhauptstadt 2007 Station in Lieser macht. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Lieser. Mana Binz ist ein Phänomen: Unaufhörlich in Bewegung, sprüht sie über vor immer neuen Ideen und vor dem Tatendrang, der hinzukommen muss, bevor sie diese Ideen für andere erfahrbar machen kann. Außerdem erfordert ihre Art zu leben - einerseits in Brüssel, andererseits in Lieser, und zwischendrin viele, viele Reisen - ein gerüttelt Maß an Logistik, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.Nur folgerichtig also, wenn so manches ihrer künstlerischen Projekte mit der Unruhe, der Mobilität, mit dem Loslassen, dem Fort- und dem Wiederankommen zu tun hat. Da ist zum Beispiel das Artecelli, ein siebenteiliges, ähnlich wie die Waben eines Bienenstocks aufgebautes Objekt aus Stahl, das in seinem Inneren zahlreiche Gegenstände beherbergt, mit denen die ehemaligen Eigentümer starke Erinnerungen verbinden. Die Dinge faszinieren nicht durch ihren Wiederverkaufswert - der ist oft gleich Null -, sondern durch die Geschichte, die den Besitzer damit verbindet. Nach wie vor darf dieses Objekt auf Rädern, das im Rahmen des offiziellen Programmes der Kulturhauptstadt Luxemburg auf Reisen zu zehn Plätzen in vier Nationen gegangen ist, weiter wachsen: Wer Artecelli neuerlich mit einem Gegenstand bereichern möchte, darf den in der im März eröffneten Kulturwerkstatt der Künstlerin, im Paulushof in Lieser, abgeben. In den nächsten Tagen ist sie hier anwesend, genießt die Nachlese des Wochenendes, an dem sie zur "porte ouverte" in die Residenz geladen hatte, die sie aus ihrem Elternhaus im wahrsten Sinne des Wortes gezaubert hat.Zu sehen ist derzeit im Paulushof die Installation "Koffer auf Reisen". Binz greift dabei das Thema Migration auf, die innere wie die äußere. Wer zieht mit welchem Koffer wohin? Von wo kommt der Mensch, warum geht er fort, was verlässt er, was sucht er, ist er angekommen, will er zurückkehren? 80 Koffer hat die Künstlerin in der Kulturwerkstatt versammelt, von denen jeder seine eigene Geschichte erzählt. Mana Binz muss aufpassen, sonst geht es ihr mit diesen Geschichten wie mit denen aus Artecelli: Irgendwann begann sie, sich in die Geschichten zu verlieben. Es blieb ihr nichts anderes übrig als dazuzulernen: Nun war sie an der Reihe mit dem Loslassen, gerade so wie jene Menschen, die sie mit der Abgabe ihrer erinnerungsbeladenen Gegenstände dazu aufgerufen hatte, wegzugeben, hinzuschenken, um Raum für Neues, Unbekanntes zu schaffen. Ihre Lösung damals waren Räder, die sie kurzerhand dem Projekt verlieh. Getreu den Buchstaben der Straßenverkehrsordnung, denn Binz ist Perfektionistin in allem, was sie tut, gestaltete sie Artecelli um zu einem selbstständigen Anhänger, den sie an den eigenen Wagen ankuppelt, um ihn zum nächsten Standort zu transportieren. Wer es in dieser Woche nicht nach Lieser schafft, kann das Objekt anschließend im Saarland, in Koblenz, Echternach oder Luxemburg bestaunen.

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