"Die Sonne ist für alle da"

THALFANG. Kunstförderung stärkt das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl geistig Behinderter. Ihre sehenswerten Arbeiten zeigen sie jetzt in einer Ausstellung.

 "Sprechende" Gemälde: Stefan May, Andrea Eich und Monika Zeimantz (von links) sind drei der Künstler, die im Hunsrückhaus ihre Werke präsentieren.Foto: doth

"Sprechende" Gemälde: Stefan May, Andrea Eich und Monika Zeimantz (von links) sind drei der Künstler, die im Hunsrückhaus ihre Werke präsentieren.Foto: doth

"Was, das sind Bilder von Behinderten?" Diese erstaunte Frage bekommt der Eifelmaler Walter Wilde immer wieder zu hören. Der gebürtige Russe arbeitet als Kunsttherapeut bei den Westeifelwerkstätten (WEW) in Gerolstein und dem DRK Sozialwerk Bernkastel-Kues, deren meist geistig behinderte Künstler 36 ihrer Arbeiten noch bis zum 18. August im Hunsrückhaus am Erbeskopf unter dem Titel "Die Sonne ist für alle da" ausstellen. Kunstförderung ist ein arbeitsbegleitendes Angebot, mit dessen Hilfe das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl der Betroffenen gestärkt werden soll. Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo sagte zur Eröffnung der "außergewöhnlichen Sonderausstellung", wer im Leben im Schatten stehe, dessen Leistungen verdienten besondere Anerkennung. "Im Europäischen Jahr der Behinderten", so Dellwo weiter, "ist diese Ausstellung ein Beitrag, der mehr Verständnis für behinderte Menschen wecken soll". Hier werde bewiesen, dass Behinderte durchaus in der Lage sind, der Gesellschaft etwas zu geben und diese mit ihrer Arbeit zu bereichern. Als Bereicherung wurde auch die Musik des WEW-Orchesters unter der Leitung von Monika Neumann empfunden. Der Geschäftsführer der Einrichtung Erwin Görgen dankte für die Möglichkeit der Ausstellung und besonders deren Organisator Josef Blum. Seit 1995 stellen die behinderten Künstler aus und finden seither immer mehr Resonanz bei Kunstfreunden. "Inzwischen sind einige Sammler schon auf bestimmte Namen fixiert und kommen zu jeder Vernissage", freuen sich Görgen und Kunsttherapeut Wilde. "Kunst bietet eine der wenigen Möglichkeiten, den behinderten Menschen als Gebenden darzustellen. Kunst verbindet und eröffnet Zugänge zu anderen Welten", erklärte Görgen. Der Titel "Die Sonne ist für alle da", sei dabei kein Zufall, denn das Licht, Wärme und Leben spendende Element komme auffällig häufig in den Werken vor. Kunst wischt den Staub von den Seelen

"Solche Ausstellungen öffnen den Blick für das Potenzial, das in Behinderten steckt", fügte Christine Schlimpen vom DRK Sozialwerk hinzu. Bei der Kunstförderung wachsen die Leute regelrecht über sich hinaus. Die Bilder "sprechen" zu den Betrachtern, besonders die von Künstlern, die aufgrund ihrer Behinderung gar nicht sprechen können. Die Besucher fasziniert die Ehrlichkeit der Bilder, die immer etwas vom Künstler selbst erzählen, egal ob als Stilleben, Landschaft, gegenständlich oder abstrakt. Eifelmaler Wilde zitierte Pablo Picasso: "Die Kunst wischt den Staub von den Seelen". Das trifft hier in besonderem Maße zu. Die Betrachter werden in ganz besondere Welten geführt, die weit weniger begrenzt sind, als die Künstler vermuten lassen. Als Beispiel sei Monika Zeimantz genannt. Sie ist seit sieben Jahren unter den Fittichen von Walter Wilde. Was mit einfachen Kreisen und anderen geometrischen Figuren begann, hat sich inzwischen zu einem beeindruckenden persönlichen Stil entwickelt. Monika malt prinzipiell aus der Vogelperspektive. Sie malt nichts ab, sondern arbeitet allein aus der Erinnerung. Die Ausstellung im Hunsrückhaus ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Hier sind die Bilder auch käuflich zu erwerben. Der Erlös ist für die weitere kunsttherapeutische Arbeit bestimmt.

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