Komposition eines Toten

Bernkastel-Kues. (gkl) Zu einem Chorkonzert mit dem Vokalkreis Konz luden die Mosel Festwochen in die Pfarrkirche St. Briktius. Im Gegensatz zum ebenfalls mitwirkenden Organisten Michael Meyer konnte der Chor nicht so überzeugen, wie man es normalerweise von diesem Ensemble gewohnt ist.

"Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen?" Diese großartige erste Motette des zweiteiligen Opus 74 von Johannes Brahms bildete den Mittelpunkt des gleichnamigen Konzerts der Mosel Festwochen in der Pfarrkirche St. Briktius in Bernkastel-Kues. Ausgeführt wurde sie vom Vokalkreis Konz unter der Leitung des Konzer Kantors Karl Ludwig Kreutz. Unbekannt ist dieser 1988 gegründete Kammerchor in der Moselregion durchaus nicht. Schon in vielfältiger Hinsicht ist er mit viel beachteten Konzerten in Erscheinung getreten, sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Bereich und hat immer ein hohes Niveau bewiesen. So war es auch nicht verwunderlich, dass der Vokalkreis sein Konzert mit dem "Cantate Domino" von Vytautas Miskinis begann, einem Werk, mit dem viele Chöre, schon wegen der ansprechenden Wirkung ihre Konzerte beschließen. Weiter in dem, im Wesentlichen a capella gesungenen Programm, das mit fünf Orgelwerken, interpretiert vom Organisten Michael Meyer, bereichert wurde, fanden sich vier der acht geistlichen Gesänge, Opus 138, von Max Reger, das "Tantum Ergo" von Deodat de Séverac und vom großen skandinavischen Tonsetzer für Chormusik, Knut Nystedt, ein Kyrie und das "Immortal Bach". Nystedts Kompositionen finden heute auch bei deutschen Chören immer mehr die berechtigte Beachtung, auch oder vielleicht, gerade weil sie sehr anspruchsvoll sind. Die beiden von Kreutz ausgesuchten Werke bildeten auch beim Vokalkreis den künstlerischen Höhepunkt. Hier stimmte einfach alles, die inhaltliche Aussage und die künstlerische Darstellung. Sauber schoben sich im Gedenkwerk an den großen Thomaskantor die Klangschichten der einzelnen Stimmen gegen einander, bildeten sich reibende Cluster, um sich anschließend wieder harmonisch aufzulösen. Nystedt verwendet als Grundlage den alten Choral "Mit Fried und Freud fahr ich dahin", um die getröstete Erlösungsüberzeugung einerseits und die menschliche Not vor dem Lebensende andererseits darzustellen. Beeindruckend, was der Vokalkreis hier erklingen ließ.Chor in Umbruchphase

Die anderen Werke konnten jedoch nicht so überzeugen. Freilich, dass der Chor auf einem sehr hohen Level arbeitet, den andere Klangkörper erst einmal erreichen müssen, wurde sichtbar. Aber an manchen Stellen fehlte die Homogenität und die Spannung in den Vorträgen. Intonationsschwierigkeiten, die häufiger auftraten, störten das Bild ebenso wie die Tatsache, dass in Fortissimo-Passagen der Zusammenhalt der Stimmen auseinander zu brechen drohte. Vielleicht dokumentieren diese Probleme, dass der Chor sich in einer Umbruchphase befindet, da Kreutz die Leitung erst im letzten Jahr übernommen hat. Ein Chorleiter ist nun einmal nicht einfach so austauschbar. Meyer erwies sich bei seinem Orgelspiel als überzeugender Sachwalter der Moderne. Die drei Werke aus dem "Jeux d'Orgue" des französischen Meisters Jean Guillou, erklangen selbstbewusst und ausgereift. Meyer nutzte die Gelegenheit, klangliche Seiten seines Instrumentes zu zeigen, die man so gar nicht erwartet hätte. Ein kleiner Druckfehler im Programmheft sorgte für humorvolle Verwunderung. Meyer spielte von William Mathias, dessen Lebensdaten mit 1834 bis 1896 angegeben wurden, die "Fanfare", dessen Entstehungsjahr mit 1987 datiert war. Post mortem also. Tatsache aber ist, dass Mathias im Programm 100 Jahre zu alt war. Er wurde 1934 geboren und verstarb 1992.

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