Vom Übersetzen und über setzen

WITTLICH. (gkl) Das Zusammenwirken von Literatur und Kunst stellte ein weiteres Mosaiksteinchen im Rahmen der Wittlicher Kulturtage dar. In der Galerie Bose gab es eine Lesung der europäischen Autorenvereinigung "Die Kogge" und eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Bose.

Bücher, ob im Kleinformat à la Reclam oder als opulente Prachtausgaben, die auch optisch etwas hermachen - Bücher gehören zur wertvollsten kulturellen Errungenschaft der Menschheit. Kein Wunder, dass ihnen und vor allem den Autoren auch bei den Wittlicher Kulturtagen ein Platz eingeräumt wurde. Natürlich konnten die Veranstalter davon profitieren, dass die europäische Autorenvereinigung "Die Kogge" seit Jahren am Himmelfahrts-Wochenende in der Abtei Himmerod ein Arbeitswochenende veranstaltet. Ebenfalls Tradition ist es, dass die dort entstandenen Texte anschließend in Wittlich der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Es handelt sich also um einen Aspekt, der schon seit langem das Wittlicher Kulturleben bereichert und ganz zwangsläufig in den Kanon der Kulturtage gehört. Einziger Unterschied zu den sonst üblichen Lesungen war dieses Mal der Veranstaltungsort. Nicht in der städtischen Bücherei, sondern in der Galerie Bose stellten die Autoren ihre neuesten Texte vor. Eindeutig zweideutig war das in diesem Jahr vorgegebene Thema, mit dem sich die sechs teilnehmenden Autoren beschäftigten. Es ging um das Übersetzen, also die gewöhnliche Tätigkeit, einen Text von seiner originalen Sprache in eine andere zu übertragen. Oder aber auch sinnbildlich gesehen, durch die Texte den Leser, oder hier den Hörer, von der realen Welt in eine andere über zu setzen. Beides hat seine vielfältigen Reize, stellt eine Brücke über Sprach- und Verstehensgrenzen dar. Myron Wojtowytsch beschrieb humorvoll die Probleme eines Mannes, der seines Lebensalltags müde war und seinen Traum vom Leben in der Südsee verwirklichen wollte. Neben den Beiträgen von Malgorzata Ploszewska, Sigrun Hilland und Harald Gröhler, die alle mit großer Aufmerksamkeit vom Publikum verfolgt wurden, zeichnete sich der Text von Ulla Klomp durch große Nachdenklichkeit aus. Sie beschäftigte sich mit der deutschen Geschichte und dem übersetzen vom nicht mehr real existierenden Sozialismus in den auf einmal so realistischen Kapitalismus beschäftigte. Große Heiterkeit verbreitete Burckhard Garbe, der die Tücken eines griechischen Sprachführers für den Alltag aufdeckte.Einladung in die Gedankenwelt

Nach den literarischen Übersetzungen in den übervollen Räumen lud Anne-Dorothee Bose zur Ausstellung mit Werken berühmter Künstler der 70er Jahre. Auch hier konnte man die eindeutige Zweideutigkeit des Begriffes "Übersetzen" intensiv erleben. Künstler wie Georg Baselitz, Markus Lüpperts, Jörg Immendorff oder Helge Leiberg haben versucht, ihre Sicht der Dinge dem Betrachter zu übersetzen. Gleichzeitig sind die Bilder natürlich auch eine Einladung in die Gedankenwelt der Maler. Vielleicht war bei dieser Vernissage die Bedeutung des Titels der Kulturtage, das Cross-over-der-Künste, aus der Sicht des Publikums am deutlichsten präsent. Das Zusammentreffen der Autorengedanken mit denen der Zuhörer, der Empfindungen der Maler mit denen der Betrachter und als Ergebnis daraus der intensive Meinungsaustausch unter den Besuchern der Vernissage, das Ganze bildete ein dichtes Netzwerk der Überlagerungen. Mehr als bei einem Konzert oder einer Theateraufführung, in denen das Publikum meist "nur" Konsument ist, war die lebendige Auswirkung der Kunst zu spüren.

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