Wende und Neubeginn

WITTLICH. (red) Um die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen ging es im jüngsten Emil-Frank-Forum in der Wittlicher Synagoge.

Die Erwartungen der Zuhörer des gut besuchten Vortrags- und Gesprächsabends mit Professor Reinhold Bohlen, dem Leiter des Emil-Frank-Instituts, wurden nicht enttäuscht. Der Referent gab zunächst einen Einblick in die spannende Geschichte des Zustandekommens der Stellungnahme: Papst Johannes XXIII. selbst hatte die Idee zu dieser Erklärung. Schon im März 1959 hatte dieser großes Feingefühl erkennen lassen, als er für die Kirchen Roms eine Korrektur der Fürbitte für die Juden innerhalb der katholischen Karfreitagsliturgie befohlen hatte, damit diese nicht mehr länger verunglimpft würden. Einmalig in der Geschichte der Konzilien war, dass die Entwürfe zur Erklärung schon während der Konzilsberatungen der Weltöffentlichkeit bekannt und in den Medien diskutiert wurden. Auch politisch war das Vorhaben zu dieser Erklärung von großer Brisanz: Befürchtete man doch auf arabischer Seite, dass der Vatikan durch das Dokument den Staat Israel offiziell anerkennen würde. So wurde die Erklärung, um diesem falschen Eindruck entgegenzuwirken, verschiedenen Konzilsdokumenten zugeordnet: Zunächst sollte sie Teil des Ökumenismusschemas werden, später als Anhang zur Kirchenkonstitution gelten. Schließlich setzte sie sich doch als eigenständige Erklärung durch, deren Bedeutung für das Verhältnis der Kirche zum Judentum und den anderen nichtchristlichen Religionen für heute nicht unterschätzt werden darf. Reinhold Bohlen, bischöflicher Beauftragter für den christlich-jüdischen Dialog im Bistum Trier, formulierte drei Kernaussagen des Dokumentes: Die Berufung des jüdischen Volkes durch Gott ist unwiderruflich; die Kirche ist von ihrem Ursprung her und in alle Zukunft vielfach mit dem jüdischen Volk verbunden, und dem jüdischen Volk als ganzem ist - bezogen auf Vergangenheit und Gegenwart - keine Schuld am Tode Jesu anzulasten. Bohlen brachte es auf den Punkt: "Wenn die Kirche über sich selbst nachdenkt, kann sie nicht umhin, über ihre Beziehung zum Judentum nachzudenken. Das ist der neue Ansatz! Das hat es vorher nicht gegeben - und so beginnen wir allmählich, die Juden als "ältere Geschwister" im Glauben an den einen Gott wahrzunehmen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort