Meine Fastenzeit

Jetzt ist wieder Fastenzeit. Zeit der Enthaltsamkeit und des Nüchternseins. Vorbei das Schlemmen und Genießen. Für einen Weinfreund eine schwere Prüfung. All die feinen Spät- und Auslesen, sie müssen bis Ostern im Keller bleiben, Gaumen und Zunge müssen 40 Tage warten, bis sie wieder all diese wunderbaren Aromen schmecken dürfen.

Eine schwere Zeit. Ob ich mir nicht doch das ein oder andere Schöppchen gönnen sollte? Wenigstens am Wochenende? Ich bin ja kein Totalfaster. Das sind solche, die tagelang nur Wasser und ungesüßten Tee zu sich nehmen und behaupten, das würde ihnen Glücksgefühle verursachen. Manche bezahlen sogar viel Geld dafür, um in Fastenkliniken zu hungern. Das Essen dort besteht aus ein paar trockenen Körnern und einer dünnen Gemüsebrühe. Nein, das ist nichts für mich. Aber ein bisschen fasten will ich ja doch. Also: Schokolade und andere Süßigkeiten sind gestrichen, eine Bratwurst statt derer zwei tun's auch, und ich benutze in den kommenden Wochen einen Kinderteller. Da geht weniger drauf. Aber ganz auf Wein verzichten? Auf mein tägliches Schöppchen? Das soll gut sein für die Reinigung von Geist und Seele? Ich habe da meine Zweifel. Aber ich mache einen Kompromiss: Ich werde zwischen Trocken- und Trinktagen wechseln. An Trockentagen ist ein Glas Wein erlaubt, an Trinktagen zwei. Winfried Simon

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort