Horather setzen auf "alte Hasen"

HORATH. Jung, dynamisch, erfolgreich – mit diesen Attributen allein ist in Horath kein Stahl zu machen. Zweieinhalb Jahre nach der Übernahme durch die elsässische Sotralentz-Gruppe blickt man beim Drahtwerk Horath zuversichtlich in die Zukunft. Ein entscheidender Pluspunkt dabei ist die ungewöhnliche Personalpolitik.

Baustahl sei zwar kein High-Tech-, aber dennoch ein Qualitätsprodukt. Deshalb setzt das Unternehmen laut Geschäftsführer Karl Burkardt bei der Produktion von kalt verformtem Baustahl und Baustahlmatten vor allem auf die Mitarbeiter. Doch was bei vielen Unternehmen ein Lippenbekenntnis ist, rechnet sich nach eigener Aussage für die Geschäftsleitung in Horath. Mehr als 30 Prozent der Mitarbeiter ist 50 Jahre alt oder älter. "Bei uns gehört diese Gruppe nicht zum Alten Eisen", versichert der Geschäftsführer. Vielmehr bringe diese Gruppe Ruhe in die Betriebsabläufe, sorge für viele Verbesserungsvorschläge und sei äußerst zuverlässig. Und die "alten Hasen" lernen die Jungen an. Überhaupt müsse das Betriebsklima stimmen. Der Krankenstand der Belegschaft, die sich derzeit auf rund 90 Mann beläuft, liegt bei 1,5 Prozent, ein Wert, von dem viele andere Unternehmen nur träumen dürften. Betriebsleiter Raimund Lorscheter hat schon viele Ältere eingestellt: "Ich hab's noch nie bereut." Menschen mit 40, 45 Jahren keine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben, das sei "Menschen verachtend". Eng und erfolgreich arbeite man auch mit dem Arbeitsamt zusammen. Flughafen-Erweiterung erhöht die Nachfrage

Dass die Produktion in Horath wieder läuft, wirkt sich laut Burkhardt positiv auf die gesamte Region aus. Seit Januar 2003 hat das neue Unternehmen eine Gesamtlohnsumme von sechs Millionen Euro aufgebracht - mit steigender Tendenz. Wenn alles wie geplant läuft, will man nach der Sommerpause mit rund 100 Mitarbeitern weitermachen. Auch die Produktionszahlen gehen nach oben, wenn auch das Niveau von der Zeit vor der Insolvenz nicht mehr erreicht wird. Im vergangenen Jahr wurden in Horath 112 000 Tonnen produziert, in diesem Jahr hat man die 130 000 angepeilt. Machbar wäre noch einiges mehr, aber zusätzliche Mengen könnten nur am Markt vorbeiproduziert werden. Dass das Drahtwerk sich derzeit positiv entwickelt, davon konnte sich dieser Tage auch Günter Eymael aus dem Mainzer Wirtschaftsministerium überzeugen. Der Markt liegt im Übrigen ganz überwiegend im Ausland. 70 Prozent der Produktion geht in die Nachbarländer Belgien, Holland und Frankreich. Dass die neue Mutter aus dem elsässischen Drulingen stammt, hat sicher zu den guten Ergebnissen in Frankreich beigetragen, wenngleich man auch vor der Insolvenz dort gut im Geschäft gewesen sei. Doch auch vor der eigenen Haustür wird Geld verdient, nämlich am Flughafen Frankfurt-Hahn. Überall da, wo Flughäfen gebaut oder erweitert würden, steigt die Nachfrage nach Baustahl-Matten, wie sie in Horath produziert werden, sagt Burkardt weiter. Dabei stammen die Aufträge nicht in erster Linie vom Flughafen selbst, sondern von den Unternehmen, die sich in der Peripherie ansiedeln. Dagegen spielt der Transportweg durch die Luft für das Drahtwerk keine Rolle. Burkardt: "Das Material eignet sich dafür nicht." Eine Gefahr der Abwanderung in Billiglohnländer sieht Burkardt für das Drahtwerk nicht. In diesem Bereich seien die Investitionskosten so hoch, dass die Löhne nicht die entscheidende Rolle spielten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort