62-Jähriger soll im Raum Prüm Heimatdorf tyrannisieren - Eine Speichelprobe führt zum Täter

Prüm · Ein 62-Jähriger soll im Islek sein Heimatdorf tyrannisieren. Vor dem Amtsgericht Prüm muss er sich wegen 17 Vergehen verantworten. Eine Speichelprobe führte die Ermittler zu einem fast vergessenen Fall zurück.

 Ein Speichelabstrich wie bei diesem Freiwilligen führte die Ermittler zu weiteren Fällen. Symbolbild: Rudi Höser

Ein Speichelabstrich wie bei diesem Freiwilligen führte die Ermittler zu weiteren Fällen. Symbolbild: Rudi Höser

Foto: Rudolf Hšser (rh) ("TV-Upload H?ser"

Leicht fällt es dem Amtsgericht Prüm derzeit nicht, im Fall eines 62-Jährigen die Übersicht zu behalten. Stolze 17 Vergehen werden dem Mann zur Last gelegt. "Danke, das hat sich heute ja mal gelohnt", sagt Richter Oliver Emmer nach der Verlesung der Anklage mit bitterem Sarkasmus. Dabei bildet die lange Liste der Beleidigungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen und Bedrohungen nur die Spitze des Eisbergs. Bei der Untersuchung einer Glasflasche, mit der eine Schuppenscheibe eingeschlagen wurde, fanden die Ermittler nicht nur tatsächlich DNA-Spuren des Beschuldigten. Sie decken sich auch mit Blutspuren, die vor sechs Jahren auf einer Baustelle gefunden wurden. Ein bisher Unbekannter zerstörte dort damals Scheiben und Steuergeräte an vier Baufahrzeugen und verursachte etwa 20 000 Euro Schaden.

Die Anklage "Allein im Fall der beschädigten Baufahrzeuge und eines entwendeten und bei Ihnen gefundenen Radladers liegt das zu erwartende Strafmaß schnell bei einem Jahr. Da sind die anderen Vorwürfe noch nicht berücksichtigt", sagt Emmer. Für eine Bewährungsstrafe müsse er besondere Umstände erkennen: "Sie sollten darüber nachdenken, ob ein Geständnis für Sie nicht von Vorteil wäre." Der Angeklagte hört sich ohne Gemütsregung die lange Liste der Vorwürfe an, verzieht kaum ein Miene. Noch bevor es richtig losgeht, zieht er sich mit seinem Anwalt zur Beratung zurück.

Die Teilgeständnisse Nach zehn Minuten geht es schon weiter, und tatsächlich räumt der 62-Jährige zu einigen Vorwürfen ein, dass sie korrekt seien. So habe er das Schuppenfenster seines Nachbarn mit einer Eisenstange eingeschlagen, für die Zerstörung eines zweiten Fensters an einem anderen Tag will er aber nicht verantwortlich sein. "Mit der Eisenstange, ja, aber an ein zweites Mal mit einer Flasche erinner ich mich nicht." Ausgerechnet dabei wurden aber die ihm zugeschriebenen Blutspuren gefunden. Dass die wiederum zu denenen passen, die von der Polizei vor sechs Jahren auf der Baustelle an den zerstörten Fahrzeugen gefunden wurden, kann er sich nicht erklären und kommentiert es bisher auch nicht weiter. Auch der Vorwurf, er habe einen Weidezaun an elf Stellen so manipuliert, dass anschließend Kühe durch den Ort spazierten, sei unberechtigt.
Dass er einen anderen Nachbarn vom Schneeräumen abhielt, indem er seinen Geländewagen quer auf die Straße stellte und den Mann beschimpft habe, sei nicht korrekt. "Beim Schneeräumen gab es Diskussionen, aber nicht so, wie es dargestellt wird." Unter anderem soll der Beschuldigte sich zwischen die Augen getippt und gesagt haben: "Drecksack verschwinde, sonst erschieße ich dich." Dies stimme nicht, der Mann sei jederzeit in der Lage gewesen, vorbeizufahren. Auch die Bedrohung eines anderen Nachbarn mit einer Eisenstange habe nie stattgefunden, genauso wenig wie die Beschimpfung der behinderten Nachbarstochter als "dreckige Hure."
Dass er wiederum einen gefälschten Notruf abgesetzt habe, um die Wirtin des Dorflokals zu ärgern, sei aber korrekt. Warum die Nachbarschaft sich vor ihm fürchte, wenn er mit seinem Geländewagen unterwegs ist, könne er sich aber nicht erklären.

Die Zeugen Allein die Befragung der elf am ersten Tag versammelten Zeugen dauert abzüglich einer Pause fast vier Stunden. Warum sie sich fürchten, wird im Gesamtbild durchaus nachvollziehbar. "Früher haben wir uns gut verstanden, ich weiß auch genau, wann und warum sich das änderte", sagt eine 67-jährige Nachbarin. Es habe sich langsam entwickelt von kleinen Beleidigungen bis dahin, dass niemand mehr auf dem gemeinsam genutzten Zufahrtsweg spazieren mag. "Die Schneeräumaktion ist nur einer der Höhepunkte. Mein Mann kam danach nach Hause, war kreideweiß und zitterte am ganzen Körper." Per einstweiliger Verfügung sei später ein Mindestabstand zwischen der Familie und dem Beschuldigten erlassen worden.

Die Fortsetzung Viel starker Tobak, der von den Zeugen zu hören ist. Richter Emmer diskutiert zum Ende des Prozesstages, ob denn ein zweiter Verhandlungstermin nötig sei. Der psychiatrische Gutachter Ingo Baltes spricht sich dafür aus und regt an, weitere Zeugen zu befragen. Unter anderem gehe es noch um den Vorwurf der Körperverletzung, für seine Beurteilung seien hier mitunter noch wichtige Details zu erfahren. Verteidiger Matthias Kimmlingen mahnt zum Abschluss des ersten Tags aber zur Neutralität. "Sie müssen hier nicht so tun, als ob alles, was mein Mandant hier sagt, gelogen ist."
Die Verhandlung wird am Dienstag, 26. September, um 9 Uhr fortgesetzt.

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