Die Geschichte der Gerichtsbarkeit

Mord und Totschlag in Gemünd: Doch die ungerechten Gerichtsverhandlungen dieser Straftaten sind keine aktuellen, sondern Bestandteil eines Lehrfilmes für angehende Juristen und Polizisten. Der Schulungsfilm dokumentiert die Anfänge der Juristerei in der Germanenzeit über die mittelalterliche Gerichtsbarkeit und die Greuel der Nazizeit bis heute.

 Die verschiedenen Epochen der Gerichtsbarkeit werden im Schulungsfilm gezeigt. In Gemünd wird eine Verhandlung der NS-Zeit dargestellt. Foto: Manfred Hilgers

Die verschiedenen Epochen der Gerichtsbarkeit werden im Schulungsfilm gezeigt. In Gemünd wird eine Verhandlung der NS-Zeit dargestellt. Foto: Manfred Hilgers

Gemünd. "So kann ich nicht arbeiten." Eine Richterin am Amtsgericht Gemünd bat, den Filmton leiser zu stellen. In einem historischen Film, der im Flur nahe ihrem Büro gezeigt wird, ist NS-Richter Roland Freisler zu sehen. Der Schauspieler Sascha Slechta schaut ihn sich an, um die Szene darstellen zu können. Anschließend wurde im Gemünder Gerichtssaal diese Verhandlung nachgespielt. Die Fenster wurden schnell geschlossen. "Die Leute auf der Straße würden sonst denken, es würde jemand hingerichtet", sagte ein Gerichtsdiener. Was beängstigend klang, stellte Regisseurin Michaela Mohr zufrieden: "So war das in der Nazi-Zeit, ein gerechtes Verfahren bekamen die wenigsten."

Polizeischüler spielt Ermittler



Die Entwicklung der Gerichtsbarkeit von der Germanenzeit bis heute stellt Kriminaldirektorin Michaela Mohr von der Fachhochschule Köln für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in einem halbstündigen Schulungsfilm dar. Sie produziert den Lehrfilm im Rahmen des Studiums zum gehobenen Polizeivollzugsdienst. Mit diesem Film, für den gestern in Gemünd gedreht wurde, wird angehenden Juristen und Polizisten vermittelt, wie in verschiedenen Epochen Beweise gehandhabt wurden. In allen dargestellten Fällen geht es um Mord.

Am Amtsgericht Gemünd entsteht der größte Teil des Films. Die Anfänge der Juristerei in der Germanenzeit wurden in einem Steinbruch bei Ripsdorf gedreht. Dort wurde das Filmteam "Troja Film" aus Erftstadt vom Schnee überrascht, so dass das Gericht nicht nur unter freiem Himmel, sondern auch im Schneegestöber tagte. In der Germanenzeit reichte der Leumund aus, einen Mörder freizusprechen.

Auf Burg Nideggen wurde ein mittelalterliches Verfahren nachgestellt. Hauptfigur war ein Landstreicher, der zur falschen Zeit am falschen Ort war. Er wurde aufgegriffen, unschuldig verurteilt und hingerichtet. Ziel des Gerichtsverfahrens war, den Mann zu verurteilen. Im 19. Jahrhundert etablierte sich eine neue Methode, um Straftaten nachzuweisen: Täter konnten erstmals mit Hilfe eines Fingerabdrucks überführt werden.

Polizeischüler Hardy Kaß aus Ripsdorf spielt für den Lehrfilm den Ermittler. Er hält ein Foto mit zwei identischen Fingerabdrücken eines Mörders in den Händen. Seine Aufgabe: das Hohe Gericht von der Unverwechselbarkeit der Papillarleisten zu überzeugen.

"Das Bild, welches sich aus den Papillarleisten ergibt, ist grundsätzlich einzigartig. Zudem sind die Papillarleisten, wie der deutsche Anthropologe Hermann Welker bereits 1856 feststellte, zeitlebens unveränderlich", überzeugt Hardy Kaß das Gericht - und der Mörder kann seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Ganz anders die Justiz in der NS-Zeit: ungerecht und willkürlich.

Bis auf wenige professionelle Schauspieler werden die Film-Szenen von Studierenden der Fachhochschule Köln dargestellt. Es handelt sich um Polizisten, die die Kommissars-Laufbahn eingeschlagen haben und dafür drei Jahre die Schulbank drücken. Unter ihnen ist auch die Kommernerin Sandra Balduin, die neben ihrer 80-jährigen Großmutter Maria Huppertz aus Gemünd mitwirkte. Kleider im Stil des 19. Jahrhunderts machten aus den Polizistinnen schicke Damen. Desiree Falkenstein aus Zülpich hatte Probleme mit den Stöckelschuhen - sie lief "wie auf Eiern". Die Kleider hatte Michaela Brunero aus Köln mitgebracht.

Und da die Gerichtsverhandlungen öffentlich waren, wurden kurzerhand Geschäftsstellenleiter Bernd Klinkhammer und dessen Stellvertreter Winfried Schneider als Statisten verpflichtet, die das "Volk" darstellten.

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