Ein Mann mit Sti(h)l

Hermann Mezger feiert heute seinen 75. Geburtstag. 1971 baute der gebürtige Stuttgarter für Stihl in Weinsheim ein Magnesium-Druckgusswerk. Er begann damals mit 70 Beschäftigten. Ende 1990 waren es knapp 800.

 Hermann Mezger mit seinem Rauhhaardackel Strolch. Der Schwabe baute 1971 in Weinsheim auf der grünen Wiese für Stihl ein Magnesium-Druckgusswerk. TV-Foto: Stefanie Glandien

Hermann Mezger mit seinem Rauhhaardackel Strolch. Der Schwabe baute 1971 in Weinsheim auf der grünen Wiese für Stihl ein Magnesium-Druckgusswerk. TV-Foto: Stefanie Glandien

Prüm/Weinsheim. Im Jahr 1970 fällt für das Unternehmen Stihl und für Weinsheim in der Eifel eine große Entscheidung: Die Familie Stihl beschließt, eine eigene Gießerei zu bauen. Das Unternehmen wollte nicht länger abhängig sein von großteils unzuverlässigen Lieferanten. Hermann Mezger, damals Chefeinkäufer bei Stihl, wurde Leiter des Projekts. "Ich war fachlich nicht prädestiniert für den Job, hatte aber einen Blick für das Wesentliche", sagt er. Der Erfolg gibt ihm Recht. Da in der Region Stuttgart seit Ende der Rezession 1966/67 Arbeitskräfte äußerst rar waren, konnte der Schwabe keine Mitarbeiter aus dem Stammhaus mitnehmen. "Ich habe mir jeden einzelnen Arbeiter suchen müssen", erinnert sich Mezger an die mühsamen Anfänge. Noch bevor die Gießerei stand, stellte er zum 1. August 1971 zwölf Auszubildende ein. "Es gab in der Eifel keine Fachkräfte, also musste ich selbst ausbilden", sagt er. Bundesverdienstkreuz für Hermann Mezger

Für 6,9 Millionen D-Mark wird am 1. April mit dem Bau des neuen Werks in Weins-heim begonnen. Im November werden schon die ersten Guss-Stücke hergestellt. Bereits 1972 wird die Gießerei für ein Kurbelgehäuse ausgezeichnet. Die Kapazität wird 1975 verdoppelt, bis die Rezession 1982/83 die positive Entwicklung stoppt. 1986 geht es wieder aufwärts. Innerhalb von 15 Jahren investiert Stihl insgesamt 80 Millionen Mark in den Standort Eifel. Die Beschäftigtenzahl steigt auf 827. Als Stihl Tankgehäuse und Griffe auf Kunststoff umstellt, trifft es das Prümer Werk wie ein Paukenschlag. Von heute auf morgen hat Mezger mehr als 25 Prozent Überkapazität. Er rettet den Standort, indem er beginnt, Teile für die Automobilindustrie zu produzieren. 1994 geht er in den Ruhestand. Zwölf Jahre lang war Hubert Wirtz in der Ära Mezger Betriebsratsvorsitzender. Gerne erinnert er sich an seinen Chef: "Ich rechne ihm hoch an, dass er seine Mitarbeiter alle in der Eifel gesucht hat. Hermann Mezger war immer sehr sozial eingestellt. 1981, als die Aufträge zurückgingen, hat er sich dafür eingesetzt, Aufträge aus der Autoindustrie an Land zu ziehen, damit nicht so viele Leute entlassen werden müssen."1987 erhielt Hermann Mezger das Bundesverdienstkreuz. Über Jahre hinweg war er in vielen Ehrenämtern tätig, unter anderem als Vorstandsmitglied der AOK Bitburg-Prüm, Mitglied der Vollversammlung der IHK Trier und Präsident des Tennisclubs Prüm. Heute ist er passionierter Golfer und Jäger, schreibt Krimis und verbringt viel Zeit mit seiner Frau Karin. "Als ich gearbeitet habe, war ich ja nie zu Hause, immer unterwegs", sagt der ehemalige Geschäftsführer. In den USA hat er ein Werk und in Brasilien eine Gießerei auf die Beine gestellt. Heute reist er zum Vergnügen. "Ich war im Januar in Südafrika und im März an der Côte dÀzur" erzählt er. Obwohl der Stuttgarter auch seine Heimat sehr schätzt, hat er die Eifel lieb gewonnen. Er habe hier seinen Freundeskreis, und seit es in den Supermärkten sogar Maultaschen gebe, sehe er keinen Grund, zurückzuziehen. Spätzle macht der sportliche Pensionär, bei dem sich im tiefschwarzen Schopf partout kein graues Haar sehen lässt, selbst. Zwei verschiedene Sorten Kartoffelsalat kann er auch - und verrät sofort sein Lieblingsrezept, bei dem er die Pellkartoffeln stampft und mit klein geschnittenen Zwiebeln anrichtet. Nach der langen Zeit in der Eifel schmeckt ihm sogar das heimische Pils. Und der Wind, der ihn jahrelang störte, fehlte ihm kürzlich in der "dämpfigen" Stuttgarter Innenstadt. "Ein Mensch, der viel geleistet, ein Glücksfall für die Eifel, der sich mit Arbeit aufgerieben und dennoch menschlich stets geblieben", schrieben die Rentner des Weinsheimer Werks einst ihrem Chef zum Ruhestand. Die Karte hat Hermann Mezger gut aufgehoben.

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