Flucht aus dem Prümer Gefängnis

Über das frühere Prümer Gefängnis hat Erich Reichertz im "Landboten" des Geschichtsvereins Prümer Land geschrieben. Der TV druckt heute den zweiten und letzten Teil des Berichts - mit einem spektakulären Zwischenfall.

Prüm. Nach Aufhebung des preußischen Landwehrstandortes Prüm als Folge des revolutionären Überfalls von 1849 (Prümer Zeughaussturm) auf das Waffen- und Uniformlager im Zeughaus, dem früheren kurfürstlichen Amtshaus, wurde dieses geräumt. Hier wurde nun das Gefängnis untergebracht. 27 Jahre später zog es in das Abteigebäude um. Acht Zellen wurden im Erdgeschoss für die sichere Verwahrung der Gefangenen eingerichtet.

1911 scheint es zu eng geworden zu sein, so dass man einen eigenen Gefängnisbau am Klosterhof errichtete. Der Zweite Weltkrieg hinterließ davon nur eine stark beschädigte Ruine. Das Gebäude musste schnell wiederhergestellt werden, da es dringend gebraucht wurde, um verschiedene belastete Nazis aus der Region sicher unterzubringen. Man verzichtete beim Aufbau auf die beiden markanten Obergeschosse, so dass nur ein unansehnlicher Zweckbau übrig blieb.

Das durch einen Bomben-Volltreffer zerstörte benachbarte schmucke Wohnhaus für den Gefängnisleiter wurde nicht mehr aufgebaut.

Das Gefängnis war mit seinen verbliebenen acht Zellen für bis zu 18 Häftlingen in der Nachkriegszeit immer gut belegt. Die Zollbeamten brachten ständig ertappte Schmuggler, die verbotenerweise in abenteuerlichen Nachtmärschen Mangelwaren (hauptsächlich Kaffee) über die Grenze schafften und dabei erwischt wurden.

Häftlinge überrumpelten Gefängniswärter



Ein spektakuläres Ereignis ließ 1951, es kann auch 1952 gewesen sein, eines Abends die Anwohner aufhorchen. Aus dem kleinen Gefängnishof waren laute Schreie zu hören: "Hilfe!... Hilfe!... Hilfe!" Den ans Fenster geeilten Nachbarn bot sich in der späten Dämmerung ein gespenstisches Bild.

Nachdem der von zwei Häftlingen überrumpelte Gefängniswärter nach einem Schlag mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf außer Gefecht gesetzt war, kletterten die beiden Übeltäter über die mit Stacheldraht gesicherte Prümer Mauer und sprangen mehrere Meter tief in die Freiheit. Sie rappelten sich vom Boden auf und verschwanden im Schutz der Nacht in Richtung Held.

Die sofort eingeleitete Suche blieb zunächst erfolglos. Fürs Erste waren die Ausbrecher nicht mehr zu finden. Nach einigen Tagen war in der Zeitung zu lesen, dass sie der Polizei in Koblenz in die Arme gelaufen waren.

Das Ende der fast 1200-jährigen Gefängnisgeschichte kam 1960, als die letzten Gefangenen in das kurze Zeit später ebenfalls aufgelöste Gerichtsgefängnis Bitburg verlegt wurden. Das Prümer Gefängnisgebäude wurde abgerissen, um Platz für einen Erweiterungsbau des Regino-Gymnasiums zu machen. Heute sitzen hier Schülerinnen und Schüler und lernen fürs Leben - genau an der Stelle, wo früher verurteilte Missetäter ihre Strafe verbüßten.

Aber auch ohne besonderes Gefängnisgebäude gibt es in Prüm heute noch immer die Möglichkeit, jemanden hinter Schloss und Riegel zu bringen: Das Amtsgericht und ebenfalls die Polizei verfügen über entsprechend gesicherte Arrestzellen, in denen Festgenommene und dem Richter vorzuführende Häftlinge die Zeit standesgemäß verbringen können.

Quellen: Franz Josef Faas, Prümer Land 1977; Kaspar Thürwächter, Willy Regnery, Jahrbuch Kreis Prüm 1970; Winfried Kuhn, Amtsgericht Prüm.

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