"Mit Karren abtransportiert"

Weil er zwei Rentner belehrt haben soll, als Sozialhilfeempfänger hätten sie "die Klappe zu halten", muss der Ortsbürgermeister von Roth bei Prüm 50 Tagessätze à 15 Euro Strafe zahlen. Vor Gericht bestritt der 47-Jährige die Aussage, zog aber seinen Einspruch zurück.

Prüm/Roth. "Ich entschuldige mich nicht für Sachen, die ich nicht gesagt habe", erklärt Michael Brodel, Ortsbürgermeister von Roth, bei der Verhandlung im Amtsgericht Prüm. Nach Auffassung des Staatsanwalts soll der Angeklagte im Streit um einen Wirtschaftsweg ein Ehepaar aus Roth beleidigt haben, das von Rente lebt. Sein Spruch, als Sozialhilfeempfänger müssten beide "die Klappe halten", gilt als unzulässige Herabwürdigung.Spaziergang auf dem Wirtschaftsweg

Richter Franz-Josef Triendl erinnert an zwei ähnlich gelagerte Fälle, in denen der Angeklagte bereits mit Geldstrafen belegt worden sei: "Von diesen Gerichtsverfahren sind Sie offenbar völlig unbeeindruckt." Das aktuelle Verfahren hätte eingestellt werden können unter einer Bedingung: eine persönliche Entschuldigung bei den Beleidigten. Doch dieses Angebot über den Verein "Handschlag", der sich um den Täter-Opfer-Ausgleich kümmert, habe der Ortsbürgermeister abgelehnt. "Ich bin zwei Mal zu Unrecht verurteilt worden", entgegnet Brodel. Der Beschwerdeführer im aktuellen Fall habe Bauarbeiten an einem Wirtschaftsweg behindert, indem er dort betont langsam mit seinem Hund spazieren ging. Zuvor habe der Rentner Landwirte gestört. "Ich habe ihm gesagt, er soll den Weg nicht mehr benutzen, und dass ich es ein für alle mal satt bin", berichtet der Angeklagte. Beleidigt habe er den Rentner keinesfalls. Angeklagter will Deutschland verlassen

Richter Triendl nimmt ihm das nicht ab und zitiert weitere Sprüche des Angeklagten wie: "Ich hätte dich mit der Baggerschaufel über den Zaun bugsiert." Und, mit Bezug auf das Rentner-Ehepaar: "Solche Leute wurden früher nachts auf einen Karren gepackt und abtransportiert."Nach einer Sitzungsunterbrechung akzeptiert Brodel schließlich den ursprünglichen Strafbefehl von 50 Tagessätzen à 15 Euro (Summe: 750 Euro). Bei einer Verurteilung vor Gericht hätte ihm eine Verdopplung der Strafe gedroht, da diese sich auch nach dem Monatseinkommen richtet. Beim Strafbefehl wurde ein Einkommen von 450 Euro zu Grunde gelegt. Vor Gericht stellte sich heraus, dass es in Wirklichkeit eher bei 1000 Euro liegt. Mit dem Ergebnis ist der 47-Jährige unzufrieden. Sein Fazit: "Ich werde versuchen, das bisschen, was ich habe, zu veräußern und Deutschland zu verlassen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort