"Realistische Musik ist nicht nur Lyrik und Bel Canto"

Das Gastspiel der Bläserphilharmonie Süd-West in der Prümer Karolingerhalle war Bestandteil des Kultursommers Rheinland-Pfalz. Unter dem Motto "Musik der Stadt - Musik der Zukunft" beschäftigt sich das Ensemble neben vergangener und gegenwärtiger Musikkultur auch mit musikalischen Zukunftsvisionen.

 Musikalische Zukunftsvisionen präsentierte die Bläserphilharmonie Süd-West. TV-Foto: Elmar Kanz

Musikalische Zukunftsvisionen präsentierte die Bläserphilharmonie Süd-West. TV-Foto: Elmar Kanz

Prüm. (ka) Symphonische Originalkompositionen sowie gelungene Transkriptionen klassischer Orchesterwerke haben für die Bläserphilharmonie und ihren 32-jährigen Dirigenten Matty Cilissen einen besonderen Stellenwert. Dass die Karolingerhalle nur etwa zur Hälfte besetzt war, mag am herrlichen Sommerwetter gelegen haben. Vielleicht aber auch daran, dass die Musikanten sujet-bedingt nicht gerade Ohrwürmer im Angebot hatten, sieht man von Richard Wagners Rienzi-Ouvertüre einmal ab.

"Metropolis" des britischen Komponisten Adam Gorbs, Jahrgang 1958, beispielsweise ist ein geräuschvolles, aber nahezu unmelodiöses musikalisches Porträt des städtischen Lebens im 21. Jahrhundert, erscheint keineswegs realitätsfremd, macht aber wenig Lust auf Erleben.

Auch Martin Ellerby, Jahrgang 1957, ist ein noch lebender Komponist. Seine "Paris Sketches" von 1994 klingen schon etwas freundlicher. Saint-Germain-des-Prés, Pigalle und Les Halles sind Orte des Geschehens, die er ebenso wie den Père Lachaise facettenreich, aber nicht nur in Dur intoniert.

Musik über die Psyche von Fiat-Mitarbeitern



"Al Piemonte Trittico sinfonico" ist ein symphonisches Triptychon, das der italienische Komponist Carlo Alberto Pizzini (1905 bis 1981) der Region im Nordwesten Italiens gewidmet hat. Während die Sätze "Insegne glorioso" und "Notturno sulle Alpi" die Schönheiten der italienischen Landschaft beschreiben, kommt es im dritten Satz "Machine e couri (La Fiat)" zu starken Dissonanzen und chromatischen Linien, um das Beben der Maschinen sowie die enormen physischen und psychischen Anstrengungen der Fiat-Arbeiter zu verdeutlichen.

Fast schon ein Klassiker der Postmoderne ist Leonard Bernsteins Komposition "Three Dance Episodes from On the Town" von 1944, die später in einem Musical mit Frank Sinatra und Gene Kelly in den Hauptrollen verfilmt wurden.

Ferrer Ferran, 1966 geboren, ist ein in Spanien sehr gefragter Klaviersolist, der auch als Dirigent und Komponist arbeitet. Seine "Música y Poble", ein klassischer Pasodoble, steht für spanische Mentalität und spanischen Esprit. Eine Trompetenkadenz macht diesen Marsch auch für das symphonische Genre interessant.

Resümee eines Konzertbesuchers: "Realistische Musik - vor allem zeitgenössische und futuristische erst recht - ist nicht nur Lyrik und Bel Canto."

Wer Lust auf symphonische Blasmusik hat, kann bei der Bläserphilharmonie Süd-West für die Arbeits- und Konzertphase 2008 mitmachen. Interessierte Musiker erhalten Infos unter christopher.baumann@bpsw.de und im Internet auf der Seite www.bpsw.de/reperto.htm.

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