Wunderschönes Fleckchen

Ist es der Zeitgeist? Ist es Dummheit? Oder was ist dieser völlig verloren gegangene Bezug zu unserer natürlichen Umwelt ? Da liegt am Ortsausgang vor Prüm ein wunderschönes Fleckchen Wildnis mit vielen interessanten Pflanzen und mancherlei Getier, und die Prümer sehen in diesem Stück Natur nichts anderes als einen "Schandfleck", der unbedingt weg muss.

Welche Schande! Die Natur beginnt für die "Waldstadt" Prüm wohl erst jenseits ihres Horizonts. Niemand kennt die auf dem alten Bahngelände beheimateten Tier- und Pflanzenarten - wahre Überlebenskünstler auf Gestein und Schotter. Und was man nicht kennt, kann man logischerweise auch nicht respektieren. Es ist, als gäbe es diese Pflanzen und Tiere schon jetzt nicht mehr. Glauben die Prümer, dass sie eine Augenweide bekommen werden, wenn sie die verwilderte Schotterpiste gegen sterilen Beton und Asphalt eintauschen? Man braucht doch bloß das schöne, alte Bahnhofsgebäude mit den Neubauten drumherum zu vergleichen. Eine Schande, dass schon wieder unersetzbarer Boden von einer immobilen Kapitalanlage versiegelt wird. Brauchen die Prümer wirklich noch einen Textil-Discounter mit Billig-Shirts aus Erdöl und pestizidbelasteter Baumwolle, hergestellt in Drittweltländern zu Billiglöhnen? Und noch einen Drogeriemarkt mit Chemie in den Regalen (was glauben Sie denn, woraus Ihr Haarshampoo besteht?). Reichen die alteingesessenen Drogerien in der Innenstadt etwa nicht? Und wozu ein noch größerer Plusmarkt, wenn man entweder sowieso nicht mehr Geld ausgegeben kann oder sowieso schon alles hat? Und dieses dumme Argument der "Kaufkraftbindung"! Was glauben die Prümer eigentlich, wo in Zeiten der Globalisierung das Geld hinfließt, das sie in Discount- und Supermarktketten ausgeben, etwa in die Region? Also ich werde diese neue Einkaufsmeile, falls sie denn Wirklichkeit werden sollte, boykottieren und meine Freunde auch, und die Freunde meiner Freunde auch. Die Zeit ist überreif, nicht länger in den alten Bahngleisen zu denken, sondern die Zeichen der Zeit zu erkennen. Beate Jacob, Schönecken

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