Konz/Kaiserslautern: Geständnisse im Jugendheim-Verbrechen

Kaiserslautern (dpa) - Der tödliche Messerangriff auf eine Erzieherin in einem Jugendheim in Rodalben in Rheinland-Pfalz ist weitgehend aufgeklärt. Einen Tag nach der brutalen Tat nahm die Polizei am Samstag drei aus dem Heim geflüchtete Jugendliche fest, die den Angriff auf die 26-Jährige zugaben, teilte die Polizei in Kaiserslautern am Sonntag mit.

„Wir müssen aber noch feststellen, wer welchen Tatbeitrag geleistet hat“, sagte Oberstaatsanwalt Eberhard Bayer. Die Leiche der aus Leipzig stammenden Frau war am Freitag in dem Heim in der Südwestpfalz entdeckt worden. Sie wurde mit Messern aus einem Erzieherraum des Heims erstochen.

Die Frau verblutete nach drei Messerstichen in den Hals. Zudem habe die Leiche zahlreiche Platzwunden und Blutergüsse aufgewiesen. Einer der 16- und 17-Jährigen habe zugegeben, einmal zugestochen zu haben, sagte Kriminalhauptkommissar Gerhard Schworm. Ein anderer habe gesagt, er habe die Frau danach würgen wollen, bis sie still gewesen sei. Dieser 16-Jährige komme aber auch für die anderen, letztlich tödlichen Stiche in den Hals der Frau in Frage. „Es besteht große Wahrscheinlichkeit, dass er die Tat vollendet hat“, sagte Schworm.

Die Jugendlichen waren in der Nacht zum Samstag aus einer geschlossenen Abteilung des Heims mit dem Wagen ihres Opfers geflüchtet und am Samstag in Mönchengladbach und Konz bei Trier gefasst worden. Auf ihrer Flucht hätten sich zwei von ihnen noch die Haare färben lassen. Den Jugendlichen drohen wegen gemeinschaftlichen Totschlags bis zu zehn Jahre Haft. Eine mögliche Anklage wegen Mordes hänge von den weiteren Ermittlungen ab, sagte Bayer.

Den Aussagen zufolge wollten die Jugendlichen ihre Erzieherin lediglich fesseln, um ihr den Autoschlüssel abzunehmen und zu flüchten. Der Überfall sei für die Nacht zum Freitag geplant gewesen, weil die zierliche Frau zu dieser Zeit Dienst hatte. Einer der drei sei erst am Freitag in das Heim gekommen und kurzfristig in den Fluchtplan eingeweiht worden. Die Frau leistete aber größeren Widerstand, als von den Jugendlichen erwartet, sagte Schworm. Sie sei in den Schwitzkasten genommen worden und habe Schläge mit einer Bratpfanne bekommen.

Aus dem nicht verschlossenen Erzieherraum holte ein Jugendlicher dann laut den Aussagen vier Messer, sagte Schworm. „Wir müssen jetzt klären, was die Messer dort zu suchen hatten“, sagte Bayer. Die beiden Jugendlichen, die wegen Einbrüchen und Diebstählen seit Oktober in dem Heim untergebracht waren, seien seitdem nicht als gewalttätig aufgefallen. Bedauert hätten die Jugendlichen die Tat bisher nicht, sagte Schworm.

Anstatt in Untersuchungshaft auf ihren Prozess zu warten, sollten sie in Rodalben pädagogisch betreut werden. Das auf einer Regelung im Jugendgerichtsgesetz beruhende Modell „Heimerziehung statt Untersuchungshaft“ war erst im Oktober gestartet worden. Justizminister Herbert Mertin (FDP) sagte, das Land wolle wegen der gesetzlichen Regelung trotz der Bluttat an dem Projekt festhalten. „Selbstverständlich ist ein solcher Fall Anlass, noch mal alles auf den Prüfstand zu stellen“, sagte Mertin der dpa.

Der Konstanzer Kriminologe Wolfgang Heinz forderte den Ausbau von pädagogischen Hilfen für straffällige Jugendliche. „Wir müssen versuchen, solchen Jugendlichen so viel wie möglich zu helfen“, sagte er in einem dpa-Gespräch. Das Wegsperren bringe nicht mehr Sicherheit.

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