Verlängerung der Arbeitszeit stößt auf Widerspruch

Trier · Forderungen aus der Wirtschaft, die Wochenarbeitszeit zu verlängern oder auf Urlaub zu verzichten, finden in der stark mittelständisch geprägten Region Trier wenig Gegenliebe. Experten setzen eher auf flexible Lösungen.


(DiL) Nachdem eine EU-Studie die Arbeitszeiten in Deutschland ohnehin als überdurchschnittlich lang eingestuft hatte, forderten gestern Spitzenvertreter der Wirtschaft und des Handwerks die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche und den freiwilligen Verzicht auf einen Urlaubstag.

In der Praxis vor Ort stoßen die Vorschläge nicht auf Begeisterung. Die allgemeine Arbeitszeit sei „zurzeit ein untergeordnetes Thema“, sagt etwa Matthias Schwalbach von der Trierer Handwerkskammer. In vielen Betrieben würden Arbeitszeit-Fragen „auf dem kleinen Dienstweg“ geregelt. Wichtiger als eine Grundsatz-Debatte sei es, „die Möglichkeiten der Flexibilisierung systematischer und umfassender zu nutzen“.

Ähnlich sieht das der Trierer Volkswirtschafts-Professor Axel G. Schmidt. „Möglichst individuelle Lösungen“ seien für mittelständische Unternehmer und ihre Mitarbeiter gleichermaßen sinnvoll. Oft gebe es in der Praxis Verständigungen, „ohne dass man generelle Regelungen braucht“. Voraussetzung sei freilich, „dass der Chef seine Beweggründe auch transparent macht“, sagt der Chef des Trie8rer Institutes für Mittelstandsökonomie (Inmit). Es gehe „nicht nur um Kostenfaktoren, sondern um eine Frage der Sinnvermittlung“. Das lasse sich „nicht per ,Ordre de Mufti’ regeln“.

Der neue Regionalgeschäftsführer des DGB, Christian Schmitz, sieht „die Grenzen bei der Arbeitszeit und der Arbeitsverdichtung längst erreicht“. Jede freie Minute werde ohnehin registriert, „selbst wenn jemand nur auf die Toilette geht“. Die Arbeitnehmer hätten durch ihre Mehrarbeit in den letzten Jahren „die Produktivitätsgewinne der Unternehmen erhöht, aber bei der Lohnentwicklung nichts abbekommen“. Deutschland sei „auf dem Rücken der Mittelstands-Arbeitnehmer Exportweltmeister geworden“.

Neue Perspektiven für mittelständische Unternehmen will SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in seinem gestern vorgestellten „Deutschland-Plan“ entwickeln – aber nicht über die Arbeitszeit. Er fordert eine beim Bundeskanzler angesiedelte „Allianz für den Mittelstand“, die dafür sorgen soll, dass Firmen nicht in eine Kreditklemme geraten.

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