Für Jamaika-Koalition stimmt bei Landes-Grünen das Klima noch nicht (Update)

Andernach · Ohne Klimawandel kein Jamaika-Bündnis: Darin sind sich die rheinland-pfälzischen Grünen einig. Beim Landesparteitag in Andernach stellen sie Forderungen. Der Landesvorsitzende fordert von SPD und FDP mehr Rückendeckung für Ministerin Spiegel.

Für Jamaika-Koalition stimmt bei Landes-Grünen das Klima noch nicht (Update)
Foto: Florian Schlecht

Die Grünen in Rheinland-Pfalz machen eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene davon abhängig, ob Union und FDP beim Klima mitziehen. Die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner sagte beim Landesparteitag in Andernach, die Klimaziele seien nicht verhandelbar. Zum bisherigen Verlauf der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition warf Rößner der FDP beim Thema Klimaschutz "Unwissenheit" vor. In einem Antrag fordert der Landesverband, in den kommenden vier Jahren die 20 dreckigsten Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben.

Die Grünen-Landesvorsitzende Jutta Paulus sagte vor 200 Delegierten, schon heute gebe es 24 Millionen Klimaflüchtlinge. Es dürfe nicht gewartet werden, ob sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben. "Bremen Sie, wenn Sie mit 100 Stundenkilometern auf eine Wand zufahren und 97 Prozent der Wissenschaftler sagen, die Wand ist aus Beton, und drei Prozent gehen von Styropor aus?" Ohnehin würde sich der Kampf lohnen, für saubere Luft, Flüsse und weniger stinkende Autos. Dafür erntete Paulus langen, energischen Applaus.Landes-Grüne nicht über Jamaika-Bündnis einig

Bei der gemeinsamen Jamaika-Koalition mit CDU und FDP gehen die Meinungen ohnehin auseinander. Rößner sagte, Jamaika sei die einzige Option einer Regierungsbildung. "Wir können nicht so lange wählen, bis allen das Ergebnis passt." Daniel Köbler, Landtagsabgeordneter und Ex-Fraktionschef der Grünen, warnte hingegen. Er sei ein Fan von Bob Marley, "aus verschiedenen Gründen, auch musikalisch", aber: "Wer sorglos nach Jamaika segelt, findet sich im Bermuda-Dreieck wieder." Der Fraktionsvorsitzende Bernhard Braun gibt zu, er habe nach der Bundestagswahl auch direkt gedacht, nun habe seine Partei den Salat. "Andererseits ist Salat für uns Grüne positiv belastet", sagt er. Im Land arbeiten Grüne und FDP in der Ampelkoalition mit der SPD vertrauensvoll zusammen, meint Braun. Dort sei das Verhältnis aber einfacher. Auf Bundesebene kritisiert er den Christian Lindner, den Vorsitzenden der Liberalen, als "politikgewordenes Feinripp-Unterhemd, das nun Verhandlungsführer der FDP" sei. Jegliche Ergebnisse müssten in Berlin mit Lindner nachverhandelt werden, nicht immer sei erkennbar, ob er tatsächlich verstehe, worum es gehe.

Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sprach davon, eine Jamaika-Koalition würde nicht reibungsfrei laufen und auch kein großes, gemeinsames Projekt beinhalten. "Wenn, dann geht es um mehrere, einzelne Projekte, auf die wir uns in den vier Jahren einigen können." Bislang könne er nicht bestätigen, dass es große Verständigungen gebe und Jamaika alternativlos sei. "Gucken wir mal", waren die Worte, mit denen seine Rede endete. Landesvorsitzender erwartet mehr Rückendeckung für Ministerin Spiegel

Neue Akzente wollen die rheinland-pfälzischen Grünen in der Familienpolitik setzen. "Ich erwarte, wer auch immer die nächste Koalition stellt, ein deutliches Bekenntnis des Bundes gegen die Kinderarmut", sagte Familienministerin Anne Spiegel. Nötig sei eine Kindergrundsicherung, die jedem Kind unabhängig vom Einkommen das Existenzminimum garantiere. Neben mehr Geld bräuchten Familien mehr Zeit, sagte die Ministerin. Es sei Vätern immer noch unangenehm, Elternzeit zu beantragen - "aber es heißt doch Elternzeit und nicht Mütterzeit". Hier müsse sich im gesellschaftlichen Bewusstsein noch viel verändern. Auch die Digitalisierung sollte verstärkt genutzt werden, um Familien mehr Zeit zu geben. Eine Entschließung des Parteitags fordert ein "Recht auf Homeoffice als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz". In der Verwaltung könne die Möglichkeit von Online-Formularen Familien Zeit geben, die bisher noch für Behördengänge verwendet werde, sagte Spiegel.

Mit Entschiedenheit plädierte die Familien- und Integrationsministerin für den Familiennachzug von Flüchtlingen. Die Trennung von der eigenen Familie mache es diesen viel schwerer, auch wirklich in der Gesellschaft anzukommen. "Wer Familiennachzug verhindert, der verhindert die Integration", sagte die Grünen-Politikerin unter dem Applaus der Delegierten. "Die Parteien, die das wollen, sind die wahren Integrationsverweigerer." Die Ministerin war zuletzt in die Kritik geraten - wegen des Ausbruchs eines Abschiebehäftlings in Alzey und dafür, dass das Ministerium im Fall einer siebenköpfigen libanesischen Familie im Eifelkreis Bitburg/Prüm eine Abschiebung verhindert hatte, die Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht als gerechtfertigt sahen. Im Gespräch mit dem TV kritisierte der Grünen-Landesvorsitzende Josef Winkler, er würde sich seitens der Koalitionspartner SPD und FDP wünschen, sich mehr hinter Anne Spiegel zu stellen. Die Rückendeckung nannte er "ausbaufähig". "Wir haben den Ministern anderer Parteien immer den Rücken gestärkt."Ja für mehr Bio-Essen an Schulen, nein zum Moselaufstieg

Für Jamaika-Koalition stimmt bei Landes-Grünen das Klima noch nicht (Update)
Foto: Florian Schlecht

Die rheinland-pfälzischen Grünen diskutieren bei ihrem Landesparteitag am Sonntag weiter. Auch über mehr Bio-Essen für Schulen und Kitas. Gerade für Kinder, die von Armut betroffen seien, biete ein ausgewogenes und gesundes Angebot in Schulen eine wertvolle Ergänzung des Essens zuhause, heißt es darin. Ein landespolitischer Streitpunkt bleibt der Moselaufstieg. Diesen lehnen die Grünen in einem Antrag ab, über den am Sonntag entschieden wird. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) befürwortet das Projekt.

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