Bluttat im Drogenrausch?

Trier · Hat ein 33-Jähriger seine sechs Jahre jüngere Freundin womöglich im Drogenrausch getötet? Darum ist es am Donnerstag beim Verhandlungstag vor dem Trierer Landgericht im Mordprozess gegen einen Saarländer gegangen, der im Januar eine Altenpflegerin in Kinderbeuern (Bernkastel-Wittlich) umgebracht haben soll.

Trier. "Mir ist wichtig, dass die Menschen sehen, was legal zu erwerbende Drogen aus Menschen machen können." Anwalt Andreas Ammer hatte diesen Satz am zweiten Prozesstag im Juli vorgelesen. Er stammt aus dem Geständnis eines 33-jährigen Saarländers. Er hat zugegeben, im Januar seine Freundin im Bett in der gemeinsamen Wohnung in Kinderbeuern getötet zu haben. Womöglich im Drogenrausch? Denn der arbeitslose Koch soll süchtig machende Kräutermischungen, sogenannte Legal Highs, geraucht haben.
Die 27-jährige Altenpflegerin, von ihren Bekannten als offen, fröhlich, hilfsbereit und lebensfroh bezeichnet, war vier Tage nach der Tat von Freunden im Schlafzimmer entdeckt worden. Sie wurde gewürgt, und anschließend wurde ihr ein Steakmesser in den Hals gestochen.
Er habe einen Blackout gehabt, soll der Mann aus dem saarländischen Weiskirchen geäußert haben, als die Leiche der Frau entdeckt wurde. Das sagt der Zeuge, der die Frau gefunden hatte. Der 33-Jährige habe zugegeben, seine Freundin umgebracht zu haben.
Welche Rolle haben dabei die Drogen gespielt? Das versuchte das Gericht gestern herauszufinden. Bei den Legal Highs handele es sich um ein "neues Drogenphänomen", sagt ein Chemiker des Landeskriminalamtes (LKA). Er schätzt die Wirkung und damit auch die Gefahr der mit chemisch hergestellten Suchtstoffen versetzten Kräuter ähnlich wie, zum Teil sogar höher ein als bei Marihuana. Die als legale Drogenmischungen vor allem im Internet angebotenen Mischungen könnten bei den Konsumenten Psychosen verursachen und Zustände auslösen, in denen sie sich und andere gefährdeten, sagt der Chemiker des Landeskriminalamtes.
Ob die bei dem mutmaßlichen Täter sichergestellten Legal Highs eine ähnliche Wirkung gehabt haben, kann der Experte allerdings nicht sagen. Die Analyse habe aber ergeben, dass es sich um "starke Mischungen" zum Teil mit einem hohen Gehalt an synthetisch hergestelltem, berauschenden Cannabis gehandelt habe. Der Leiter des LKA-Rauschgiftdezernats berichtet von bundesweit acht bekanntgewordenen Fällen, in denen Konsumenten von Legal Highs aggressiv geworden sind - gegen sich oder gegen andere. In Niedersachsen hat ein durch Kräutermischungen berauschter Mann seine Freundin mit Messerstichen getötet. Ebenfalls im Legal-Highs-Rausch hat demnach ein Mann in Bayern seine Freundin bedroht, geschlagen und gewürgt. Oft führten die Mischungen zu Wahnvorstellungen. Ein Legal-Highs-Konsument habe geglaubt, er sei ein Vampir. Um das Blut seines Vaters zu trinken, soll er vorgehabt haben, diesen zu erstechen.
Unklar ist aber, ob die Kräutermischungen bei dem wegen Mordes angeklagten Koch ähnliche Wirkungen gehabt und ob sie etwas mit der Tötung der Frau zu tun haben. Einige Zeugen wollen bereits vor der Tat gehört haben, dass der 33-Jährige "etwas mit Drogen" zu tun habe. Ob das die Altenpflegerin auch gewusst hat, ist unklar. "Sie war blind vor Liebe", meint eine ehemalige Arbeitskollegin. Auch der frühere Freund des Opfers bezeichnet die Frau als "blind" auf Bezug auf den sechs Jahre älteren Mann.
Dieser hat auch die gestrige Verhandlung weitgehend ohne erkennbare Reaktion verfolgt. Nur als seine Mutter in den Zeugenstand tritt, zuckt er kurz und kämpft mit den Tränen. Sie hat von ihrem Recht Gebrauch gemacht, als Angehörige des Angeklagten die Aussage zu verweigern. Unterdessen hat sich her-ausgestellt, dass die auch gegenüber der Mutter der Altenpflegerin gemachte Behauptung des Saarländers, er habe einen Gehirntumor und müsse bald sterben, eine Lüge gewesen ist. Sein Verteidiger bestätigt vor Gericht, dafür gebe es keine Hinweise. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.

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