Deshalb ist für die Menschen aus Syrien der volle Flüchtlingsstatus so wichtig

Trier · In einem Musterverfahren hat das Verwaltungsgericht Trier seine Rechtsprechung zum Asylrecht von Menschen aus Syrien überprüft. Wie wichtig der komplette Flüchtlingsstatus für diese Menschen ist, wurde dabei deutlich.

Rechtsanwältin Shabana Khan ist aus Neustadt nach Trier gekommen, um eine syrische Familie vor dem Verwaltungsgericht zu unterstützen. Abadiu T. (Name geändert) ist mit seiner Frau und den beiden Töchtern im November 2015 aus Aleppo über die Balkanroute nach Deutschland geflüchtet. Ihr Haus war von einer Rakete zerstört worden. Auch als Christen fühlten sich die Familienmitglieder nicht mehr sicher, zumal christliche Nachbarn bereits spurlos verschwunden waren. Dennoch hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entschieden, dass sie nur einen eingeschränkten Schutz (siehe Extra) erhalten.

"Ich kann einfach nicht nachvollziehen, wie das Bundesamt zu einer solchen Entscheidung kommt", sagt Shabana Khan. Zwar gebe es für die Betroffenen dadurch keine Benachteiligungen beim Leistungsbezug und den Integrationsleistungen wie zum Beispiel Sprachkursen. "Für die Menschen ist es dennoch eine große psychische Belastung. Sie können einfach nicht verstehen, warum in ähnlichen Fällen unterschiedlich entschieden wird."
Erst seit der Verschärfung der Asylgesetze Ende Februar entscheidet das Bamf immer häufiger, auch Syrern nur eingeschränkten Flüchtlingsschutz zukommen zu lassen. So kann es sein, dass Menschen, die im selben Treck nach Deutschland gekommen sind, unterschiedlich behandelt werden, weil ihr Asylverfahren zu unterschiedlichen Zeiten bearbeitet wurde.

"Natürlich haben viele Klagen gegen solche Bescheide mit dem eingeschränkten Familiennachzug zu tun", sagt Rechtsanwältin Khan, deren Eltern aus Afghanistan stammen. Bei der Familie T. sei das aber nicht der Fall, weil das Ehepaar auch mit vollem Status seine Eltern nicht aus Aleppo nachkommen lassen könne. "Es geht ihnen vor allem um drei Jahre Sicherheit und den blauen Flüchtlingskonventionspass, mit dem sie sich auch in Europa bewegen können." Denn mit diesem Pass herrsche auch im Ausland Sicherheit darüber, dass Deutschland für diese Menschen zuständig sei.

Abadiu T. und seine Familie haben am Freitag mit ihrer Klage in Trier recht bekommen und sich mit strahlenden Gesichtern auf den Heimweg nach Kaiserslautern gemacht. Ähnlich gut lief es für eine weitere Familie und einen jungen Mann, dem bei der Rückkehr nach Syrien auch die Zwangsrekrutierung in die syrische Armee droht. Weniger Erfolg hatte ein Paar, an dessen Aussagen die Richter zweifelten.Extra

Viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien erhalten in diesem Jahr nicht mehr ihre volle Anerkennung als Asylberechtigte, sondern nur noch einen subsidiären Schutz. Eine Entscheidung für diesen subsidiären, also unterstützend oder behelfsmäßig zuerkannten Status kann von der Asylbehörde Bamf dann getroffen werden, wenn ein Antragsteller nicht die volle Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention nachweisen kann. Konkret geht es um die "begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" (Asylgesetz § 3). Voraussetzung für den subsidiären Schutz eines Antragstellers sind "stichhaltige Gründe für die Annahme ..., dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht". Subsidiärer Schutz bedeutet, dass nur eine Aufenthaltsberechtigung von einem Jahr statt drei Jahren erteilt wird. Sie kann um zwei Jahre verlängert werden, wenn der Grund für den subsidiären Schutz weiter besteht. Außerdem ist für zwei Jahre die Möglichkeit des Familiennachzugs ausgesetzt - diese Regelung wurde mit dem Asylpaket 2 im März dieses Jahres eingeführt. dpa

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