Spendenaffäre: Geheimagent Mauss hat seit 1968 an die CDU gezahlt

Mainz · Die CDU Cochem-Zell hat mehr Spenden von dem ehemaligen Top-Agenten Werner Mauss erhalten, als bislang bekannt war. Mauss überwies dem Kreisverband seit 1968 regelmäßig Geld, wie gestern bekannt wurde.

Richard Nelson. Das ist einer von mindestens 26 Tarnnamen des ehemaligen Geheimagenten Werner Mauss. Und unter genau diesem Namen hat Mauss der CDU Cochem-Zell regelmäßig Geld gespendet, nämlich seit 1968. Das gab der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Patrick Schnieder, gestern bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Mainz bekannt. Mauss-Anwalt Gero Himmelsbach bestätigte das gestern auch unserer Zeitung.
Bisher war bekannt, dass Mauss über eine Thüringer Anwaltskanzlei insgesamt 82?000 Euro an die Landes-CDU und die CDU Cochem-Zell gespendet hat. Möglicherweise handelt es sich dabei um illegale Spenden, da Parteien keine anonymen Spenden von über 500 Euro annehmen dürfen. Gestern räumte Schnieder ein, dass der CDU-Kreisverband Cochem-Zell 2002, 2004 und 2005 insgesamt 31 000 Euro von Anwälten der Kanzlei erhalten habe. Diese habe der Partei am Mittwoch bestätigt, dass es sich dabei um Spenden von Mauss gehandelt habe, sagte Schnieder. Außerdem habe der Kreisverband von 1999 bis 2001 insgesamt 25?000 Mark (12?782 Euro) direkt von Richard Nelson erhalten. Dies gehe aus Unterlagen der Bundes-CDU hervor, sagte Schnieder. Vorsitzender des Kreisverbandes war damals der heutige parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Bleser.

1968 hatte Mauss, der derzeit in Bochum wegen angeblicher Steuerhinterziehung vor Gericht steht, unter dem Namen Nelson eine Luxusvilla in Altstrimmig (Kreis Cochem-Zell) gekauft. Seitdem habe er regelmäßig an die CDU gespendet, schreibt Himmelsbach in einem Brief an die CDU. Wie hoch die Zuwendungen waren und wofür der damalige Top-Agent das Geld gezahlt hat, teilte der Anwalt auf Anfrage unserer Zeitung nicht mit. Schnieder schließt nicht aus, dass noch mehr Geld von Mauss an die Partei geflossen ist. "Die Situation ist vor allem politisch sehr ungemütlich", sagte der Generalsekretär. Parteichefin Klöckner war nicht in Mainz dabei. Sie eröffnete im Wallfahrtsort Maria Laach eine Klausur-Tagung der CDU.

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Wer's glaubt, wird selig

Von Rolf Seydewitz

Die gestern von CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder der Öffentlichkeit präsentierten weiteren Spenden des inzwischen pensionierten Geheimagenten Werner Mauss können nicht wirklich überraschen. Warum sollte der 76-Jährige - wie bislang bekannt - erst 2008 damit begonnen haben, die rheinland- pfälzischen Christdemokraten mit Spendengeldern zu beglücken? Auf diese Frage gab es bislang keine Antwort. Jetzt ist sie da: Werner Mauss hat nach Angaben seines Anwalts regelmäßig an die CDU gespendet, seit der deutsche James Bond Ende der 1960er Jahre in den kleinen Hunsrückort Altstrimmig gezogen ist. Was da an finanziellen Zuwendungen unterm Strich geflossen sein mag, kann man nur vermuten. Der Gesamtbetrag dürfte in die Hunderttausende gehen. Gestern allerdings gab CDUGeneral Schnieder nur bekannt, dass zwischen 1999 und 2005 weitere Mauss-Spenden geflossen seien - teils verdeckt über eine befreundete Kanzlei, teils unter Mauss' Decknamen Richard Nelson. Der war übrigens ein offenes Geheimnis. Im Spiegel wurde schon Mitte der 1980er Jahre ausführlich über den "Detektiv und die Dreckskerle" alias Richard Nelson berichtet. Rund um sein palastähnliches Domizil auf dem Hunsrück war der Deckname da schon längst ein Begriff. Nur die CDU will von alldem nichts gewusst oder erst jetzt erfahren haben? Wer's glaubt, wird selig. Spätestens seit gestern ist klar: Die neue Spendenaffäre der Landes-CDU nimmt gerade erst richtig Fahrt auf. Und sie ist eine tickende Zeitbombe. So lange nicht alle Zuwendungen entdeckt oder bekanntgemacht worden sind, muss die CDU jeden Tag mit neuen Enthüllungen rechnen. Und mit unangenehmen Fragen: Warum spendet ein windiger Agent einer Partei über Jahrzehnte hinweg so viel Geld? Was wurde mit den Zuwendungen gemacht? Warum hat sich angeblich nie ein Verantwortlicher der CDU dafür interessiert, wer hinter den satten Spenden steckt? Und warum geht die ansonsten so omnipräsente Parteichefin Klöckner beim Thema Mauss laufend auf Tauchstation? Auf die Antworten darf man gespannt sein. Vorausgesetzt, die CDU gibt welche. ? r.seydewitz@volksfreund.de

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