Der "Schickeria-König" aus dem Hochwald

TRIER. Als Importeur von Luxusautos und Mitglied der Düsseldorfer Schickeria hat sich Helmut Becker einen Namen gemacht. Und als Geliebter der Luxus-Lady Tatjana Gsell. Was viele nicht wissen: Der 61-jährige Becker stammt aus dem Hochwald-Ort Osburg.

Nobel geht die Welt zugrunde: Geld hatten zuletzt weder der einst allseits gefeierte Düsseldorfer Autokönig Helmut Becker noch seine halb so alte Geliebte Tatjana Gsell, die verdächtigt wird, etwas mit dem Raubüberfall auf ihren inzwischen gestorbenen Mann Franz (76) zu tun gehabt zu haben. Trotz der beiderseits leeren Portemonnaies lebte das ungleiche Pärchen dort, wo die Schönen und Reichen gerne Urlaub machen: im mondänen spanischen Küstenstädtchen Marbella. Das ging so lange gut, bis der gehörnte Nürnberger Schönheitschirurg seiner ehemaligen Sprechstundenhilfe, späteren Patientin und noch späteren Ehefrau Tatjana Ende vergangenen Jahres die Kreditkarte sperrte. Mittlerweile sitzt die schillernde Society-Lady in Untersuchungshaft, weil sie nach Erkenntnissen der Nürnberger Staatsanwaltschaft den Raubüberfall auf ihren Mann in Auftrag gegeben haben soll - aus Geldnot, wie es heißt. Gegen Helmut Becker, sagt die Staatsanwaltschaft, bestehe zwar ein gewisser Verdacht. Für einen Haftbefehl reiche es jedoch nicht aus. Der einstige Auto-König fühlt sich laut "Bunte" von Tatjana hintergangen und lebt nun vom Geld seiner Ehefrau Annetta, die allerdings angeblich kurz vor der Pleite steht. Das gleiche Schicksal widerfuhr im vergangenen Jahr auch Helmut Becker. Im März 2002 musste "der Lebemann" (Manager-Magazin) für seine Düsseldorfer Dachfirma Auto Becker GmbH & Co. KG Insolvenz anmelden. Tiefer Fall nach einem rasanten Aufstieg, für den Helmut Beckers Vater Wilhelm den Grundstein gelegt hatte. 1947 war der ehemalige Opel-Arbeiter mit seiner Familie mangels Arbeit aus dem Hochwaldort Osburg (heute Kreis Trier-Saarburg) in den Düsseldorfer Stadtteil Bilk gezogen. Auf einem Trümmergrundstück gründete Wilhelm Becker dort eine "Tauschzentrale für Autoteile und Zubehör" - der Beginn einer beispiellosen "Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Karriere". In den 70er-Jahren war "Auto Becker" bereits Europas größter Gebrauchtwarenhändler - mit einem Bestand von 2000 Fahrzeugen jeder Bauart und Preisklasse. Neben Second-Hand-Fahrzeugen vermarktete Becker auch Neuwagen und Luxuskarossen. Von den Medien wurde der erfolgsverwöhnte Geschäftsmann als "Vierradkönig" oder "Ritter von der zweiten Hand" gefeiert, andere lobten seinen Aufstieg "vom Kind eines armen Hunsrückbauern zum Millionär wie du und ich". Eine Autobiographie, die Wilhelm Becker in den 70ern veröffentlichte, trägt den Titel "Der Mann mit dem Vornamen Auto". Sohn Helmut, beim Wegzug aus dem Hochwald gerade einmal fünf Jahre alt, verdingte sich zunächst als Hilfsarbeiter auf dem Bau, holte später die Mittlere Reife nach, bevor er eine Automechanikerlehre machte und zur Bundeswehr ging. Letzteres soll ihm Vater Wilhelm befohlen haben, wusste seinerzeit "Die Welt" zu berichten, "zur Charakterläuterung". Mitte der 60er-Jahre stieg Helmut Becker in den väterlichen Betrieb ein, den er Anfang der 90er, nach dem Tod des alten Herrn, schließlichübernahm. Anders als seinem Vater Wilhelm, der in Osburg als jüngster Spross eines Bauern mit elf Geschwistern aufwuchs, sollen Helmut Becker Glamour und Gloria stets wichtiger gewesen sein als nackte Bilanzen und schnöde Verkaufszahlen, wie im vergangenen Jahr das "Manager Magazin" in einem Bericht über die größten deutschen Pleiten lästerte. Der "Schickeria-König" habe Ferrari-Corsos auf Sylt inszeniert, Initiativen wie "Mein Herz für Düsseldorf" oder "Ich bin ein Berliner" gegründet, sei Vorsitzender der deutsch-italienischen Wirtschaftsvereinigung gewesen und habe erfolglos für den Bundestag kandidiert. "Ich schaffe es wieder nach oben"

Unter der Außendarstellung Beckers litt das Tagesgeschäft. "Von 1997 an rollte der Autohandel nur noch im Rückwärtsgang", schreibt das "Manager-Magazin". Zuletzt seien jährlich zwischen 500 000 und einer Million Euro Verlust angefallen - der Anfang vom Ende eines steilen Aufstiegs. Als Becker junior 2002 zum Insolvenzgericht marschierte und gleichzeitig die Affäre mit der "getunten" (Handelsblatt) Tatjana Gsell bekannt wurde, gingen sogar seine Brüder Achim und Harald auf Distanz zu Helmut. "Wahrscheinlich haben Sie von uns beiden noch nicht viel gehört - das ist auch gut so", verkündeten die Inhaber des Düsseldorfer Software-Unternehmens Data-Becker auf Flugblättern. "Wir verbringen unsere Zeit lieber am Schreibtisch als im Rampenlicht der Öffentlichkeit." Helmut Becker, den in Osburg "schon ewig" niemand mehr gesehen haben will, bastelt nach der Trennung von seiner Geliebten derweil an einer neuen Karriere. "Ich werde es garantiert wieder nach oben schaffen", sagte der 61-Jährige unlängst in einem Zeitschriften-Interview.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort