Die Tigermücke im Anflug

Der Klimawandel kommt auf dünnen Beinen: Zecken breiten sich aus, die Asiatische Tigermücke ist nördlich der Alpen auf dem Vormarsch - und mit den Insekten drohen neue Krankheiten. Der Trend ist deutlich, so das Robert-Koch-Institut: Deutschland muss sich auf Risiken einstellen.

Mainz. Immer mildere und feuchtere Winter lassen die Zahl der Zecken steigen - und damit auch die Gefahr einer Infektion, warnt die Mainzer Gesundheitsministerin Malu Dreyer. Eine Folge: Der Kreis Birkenfeld gehört seit 2007 zum Risikogebiet für die von Zecken übertragene Hirnhautentzündung FSME, bislang als einziger Kreis in Rheinland-Pfalz. Die Risikozonen haben sich in den letzten zehn Jahren um etwa 100 Kilometer nach Norden verschoben, so die Beobachtung des Robert-Koch-Instituts. Die Zahl der FSME-Erkrankungen hat sich in den vorrangig betroffenen süddeutschen Ländern von 2004 bis 2006 auf 540 verdoppelt. Die gleichfalls durch Zecken übertragene Borreliose nimmt ebenso zu.Nicht jede Mücke ist gleich Krankheitsüberträger

Auch die Ausbreitung der ursprünglich aus Nordafrika stammenden Blauzungenkrankheit, die - durch Mückenstiche übertragen - Wiederkäuer wie Rinder und Schafe befällt, führen Experten auf das wärmere Klima zurück. Mücken und Fliegen breiten sich zwar aus, so der Zoologe Professor Alfred Seitz von der Uni Mainz. Doch geht damit keineswegs gleichzeitig auch ein rasches Ausbreiten der Krankheitserreger einher. Die Überträger folgen meist erst in einem zweiten Schub einige Jahre später. Schließlich muss es erst auch infizierte Wirte geben. Noch dramatisieren oft die Berichte über die kleinen unheimlichen Invasoren aus dem Süden eine unmittelbare Bedrohung, so Angelika Hornig. Nach Angaben der Medizinerin, die beim Gesundheitsministerium für den Infektionsschutz zuständig ist, haben sich alle Krankheiten, die durch die Asiatische Tigermücke übertragen werden, bislang in Deutschland als aus dem Ausland importierte Krankheitsfälle erwiesen. Doch die gesundheitlichen Folgen der Klimaverschiebung werden im Ministerium seit längerem genau beobachtet.Die ursprünglich aus Südostasien stammende Stechmücke ist vor Jahren in Italien eingeschleppt worden und gilt als Überträger des Fieber- und Gliederschmerzen auslösenden Chikungunya-Virus und des Dengue-Fiebers. 2007 kam es in Norditalien zu einem größeren Chikungunya-Ausbruch. Inzwischen hat die Tigermücke den Sprung über die Alpen geschafft und wurde im letzten Herbst bei Rastatt im Oberrheingraben entdeckt.Mit zu den Invasoren aus dem Süden gehört auch die Sandmücke, die längere Hitzeperioden braucht, um sich auszubreiten. Sie kann die Tropenkrankheit Leishmaniose übertragen und wurde bereits häufiger in Baden-Württemberg gefunden. Während das Umweltbundesamt noch vorsichtig feststellt: "Mit dem Klimawandel steigt das Risiko, dass neue und teilweise gefährlichere Krankheiten in Deutschland heimisch werden könnten ", zeigt sich das Koch-Institut über die steigende Zahl bestimmter Virus-Fälle besorgt und verweist darauf, dass höhere Temperaturen sich teilweise offenbar auch bereits bei Infektionswegen über Lebensmittel bemerkbar machen. Stichwort Asiatische Tigermücke: Die Stechmücke ist ursprünglich in den südostasiatischen Tropen und Subtropen sowie in Ostafrika beheimatet. Sie kann über 20 Viren übertragen, sieben davon können auch dem Menschen gefährlich werden, darunter das Dengue-Fieber. Eingeschleppt wurde die Tigermücke vor Jahren in Europa vermutlich durch Warentransporte und Fernreisende. Die globale Erwärmung mit milden, feuchten Wintern und heißen, trockenen Sommern erschließt der Stechmücke neue Lebensräume. Über 100 Menschen erkrankten 2007 in Norditalien durch Mückenstiche am Chikungunya-Virus. Im Herbst 2007 wurde die Mücke im baden-württembergischen Teil des Oberrheingrabens entdeckt. (win)

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