"Du musst fahren, fahren, fahren"

TRIER. Der 160 000 Euro teure Skaterpark ist eine der Hauptattraktionen der Landesgartenschau - für jugendliche Skater ebenso wie für faszinierte Zuschauer. Denn die geballte Skater-Kompetenz - Fahrer aus allen Teilen der Bundesrepublik kommen zum Petrisberg - erlaubt Einblicke in eine Subkultur, die Nicht-Skatern normalerweise verschlossen bleibt.

 Der LGS-Skaterpark ist das Ziel von Skatern aus der gesamten Bundesrepublik.Foto: Friedemann Vetter

Der LGS-Skaterpark ist das Ziel von Skatern aus der gesamten Bundesrepublik.Foto: Friedemann Vetter

Sie rasen auf rollenden Brettern durch die Gegend, sind ständig von Knochenbrüchen und Platzwunden bedroht und ärgern mit ihren waghalsigen Manövern vor der Porta Nigra oder der Basilika friedliche Passanten - diese Definition der Skater kratzt noch nicht einmal an der Oberfläche. Die Nutzer von Skateboards, Inline-Skatern und BMX-Rädern sind eine Gemeinschaft, die sich in einem komplexen System eigener Wertvorstellungen und Verhaltensnormen bewegt. Dazu kommt ein Fachjargon, der ein Wörterbuch füllen würde und den kein Außenstehenderversteht. Die Landesgartenschau hat dieser Gemeinschaft eine Trainings- und Wettkampfstätte geschaffen, die in dieser Qualität im weiten Umkreis einmalig ist. Der Skaterpark ist für die Skater ein Ort zum Fahren, Üben und Abhängen. Für interessierte und geduldige Beobachter wird der Park zum Portal, das Einblicke in eine faszinierende Szenegewährt. Tim ist ein "Bunny". Der 14-jährige Gymnasiast aus Trier trägt damit den Stempel des Anfängers. "Ein Bunny ist ein blutiger Neuling", erklärt Tims Bruder Michael (19). "Er fährt wie ein Besoffener und braucht eine Ampel zum Bremsen." Diese brüderliche Definition ist nicht böse gemeint: "Prinzipiell ist er gar nicht so schlecht", ergänzt Michael. "Anfänger haben es nie leicht. Wie du zum Skaten kommst, ist egal. Du fängst irgendwann damit an und musst einfach ständig fahren, fahren, fahren. Und wenn du gerade nicht fährst, musst du ständig daran denken." Tim und Michael skaten in jeder freien Minute. Vorwärts, rückwärts, Brems- und Ausweichmanöver, den Bordstein rauf und runter. Wenn die Grundbegriffe sitzen, kommt irgendwann der erste Trick - mit vielleicht schmerzhaften Folgen. "Klar legst du dich mal ab", sagt Ben (19). Er fährt seit sieben Jahren. "Doch gebrochene Gräten sind schnell gerichtet, Platzwunden schnell genäht." Sobald die Wunde auch nur ansatzweise verheilt ist, werden das Skateboard oder die Inliner wieder aus dem Schrank geholt. "Es gibt Leute, die ein Jahr lang fahren müssen, bis sie den ersten Trick beherrschen", sagt Ben. "Vielleicht dauert es auch länger. Das ist völlig unwichtig. Es kommt darauf an, dass man zu 100 Prozent dabei bleibt. Immer wieder sich was zeigen lassen und anderen was zeigen." Der Skatepark auf dem Petrisberg ist eine Ausnahme. "Gibt es viel zu selten", bestätigt Michael. "Sehr oft ist die Straße die einzige Bühne für Skater." Ben ergänzt: "Street Skaten ist die Suche nach Möglichkeiten." Man finde überall "Curbs" (Bordsteinkanten oder Mauern), oder "Rails" (Geländer) zum "Grinden" (Gleiten auf Kanten). Wie lange braucht man, um Skater zu werden? Ben, im Hauptberuf Dachdecker, hat eine philosophische Ader. "Ein paar Jahre, ein ganzes Leben. Kommt drauf an. Es ist keine Schande, kein Skater zu werden, aber es ist ein Witz, dann so zu tun, als wäre man einer." Axel Reichertz, Sprecher der Trierer Skater-Szene, hat den Kontakt zwischen der LGS und dem Schweizer Skatepark-Konstrukteur Erwin Rechsteiner ermöglicht. "Dieser Park ist eine großartige Sache und wird sehr gut angenommen", sagt Reichertz. "Es war auch höchste Zeit. Die Skater-Szene hat in Trier nur überlebt, weil wir den Basilika-Vorplatz hatten."

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