Eine Frage des Stils

TRIER. Wenn Menschen über Jahre auf engstem Raum tagtäglich miteinander zurecht- kommen müssen, bleiben Konflikte nicht aus. Das gilt auch für Lehrer und Schüler. Für Eltern stellt sich oft die schwierige Frage, ab welchem Punkt es sinnvoll oder gar notwendig ist, einzugreifen.

"Der Herr Müller nimmt mich nie dran, obwohl ich dauernd aufzeige, sondern immer nur seine Lieblinge." "Die Frau Meier hat mich heute schon wieder angebrüllt, obwohl ich es gar nicht war, der das Papierkügelchen durch die Klasse geschossen hat." "Meine Epochalnote ist total ungerecht, nur weil mich der Herr Schulze auf dem Kieker hat."Wer Kinder hat, die demnächst in die Schule kommen oder in eine weiterführende wechseln, kann sich auf derartige Klagen schon mal einstellen. Sie gehören von je her zum Schulalltag. Doch anders als in früheren Generationen handeln immer weniger Eltern nach der Devise "Der Lehrer wird schon recht haben". Das ist gut so, sagt Diplom-Psychologin Annette Müller-Bungert von der schulpsychologischen Beratungsstelle in Trier. Kinder müssten das Gefühl haben, mit ihren schulischen Sorgen und Nöten "von den Eltern in Ruhe angehört und ernst genommen zu werden". Freilich ergibt sich daraus nicht immer die Notwendigkeit, aktiv zu werden. Oft seien Kinder froh, sich einfach "Luft machen und Dampf ablassen zu können". Damit sei der Ärger in vielen Fällen schon verraucht. Müller-Bungert empfiehlt, mit den Kindern zu besprechen, ob sie selbst eine Kontaktaufnahme zur Schule für nötig halten, und sie gegebenenfalls in ein Gespräch mit dem Lehrer einzubeziehen, statt über ihren Kopf hinweg zu handeln.

Nur beim Verdacht von langfristigem, ernsthaftem Mobbing durch einen Lehrer sei es notwendig, auch gegen den Willen des Kindes aktiv zu werden. Aber das sind nach Meinung der erfahrenen Beraterin "ausgesprochen seltene Fälle". Viele Eltern plagt freilich auch in Alltags-Situationen die Befürchtung, man könne durch Nachfragen oder Beschwerden die Position des eigenen Kindes in der Schule verschlechtern. Deshalb ziehen es viele vor, lieber gar nichts zu unternehmen. Dafür gebe es keinen Grund, versichert Theo Lamberts, Leiter der Grundschule in Daun. Es gebe "sehr gute Erfahrungen" mit "offenen Gesprächen", in denen Eltern Kritik äußerten. Die Lehrer seien "selbstbewusst genug", auch mit kritischen Äußerungen souverän umzugehen. Der Rektor empfiehlt allerdings, grundsätzlich zunächst den betroffenen Lehrer direkt anzusprechen, statt gleich den "Instanzenweg" einzuschlagen. So sieht es auch Psychologin Annette Müller-Bungert. Vor allem sei es wichtig, eine sachliche Atmosphäre herzustellen und "nicht mit Anklageschriften unterm Arm anzutreten". Ihr konkreter Tipp: "Lieber darüber reden, wie es in Zukunft besser laufen kann, als zu diskutieren, wer an was schuld sein soll."

Ideal wäre eine Art "Vereinbarung", in der alle Seiten festhalten, wie sie zu einer Verbesserung der Lage beitragen können. Sei allerdings auf Seiten des Lehrers keine Kooperation feststellbar, sollten Eltern laut Müller-Bungert nicht zögern, den Schulleiter anzusprechen. Fühle man sich auch dort ignoriert, müsse notfalls auch der Weg zur Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion eingeschlagen werden.

Da liegt sie auf der gleichen Linie wie der Vorsitzende des regionalen Elternbeirats für Grundschulen, Michael Geisbüsch. In Schulen "mit gutem Klima" sei es meist möglich, das Problem im allseitigen Einvernehmen zu lösen. Aber, so die Erfahrung des Wittlichers, "es gibt auch andere". Dennoch sei es sinnvoll, "die Eskalationsstufe so niedrig wie möglich zu halten" und nicht "mit Kanonen auf Spatzen zu schießen".

Austausch beim Eltern-Stammtisch

Um festzustellen, ob es sich um harmlose Alltagsbegebenheiten oder ernsthafte Probleme handelt, rät Geisbüsch zum Informationsaustausch mit anderen Eltern, sei es über die offiziellen Beiräte, sei es über Eltern-Stammtische oder ähnliche Einrichtungen. Viele Dinge ließen sich "auf informeller Ebene leichter klären". Und noch einen Tipp hat der Elternvertreter: Man solle bei Schulproblemen "ruhig mal Lehrer aus dem Bekanntenkreis fragen, wie sie die Sache sehen".

Haben Sie Erfahrungen im Umgang mit Schüler-Beschwerden über Ungerechtigkeit und Benachteiligung gemacht? Wie haben Sie das Problem "diplomatisch" gelöst? Oder haben Sie sich im Nachhinein darüber geärgert, dass Sie zu oft geschwiegen haben? Behalten Sie ihre Meinung und Ihre Tipps nicht für sich. Rufen Sie unter 0651/7199-418 (14-18 Uhr) an oder mailen an schulstart@volksfreund.de Veröffentlichung Samstag auf der Familienseite.

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