"Erpresser" an der falschen Adresse

MAINZ. Sie war dubios, die Erpresser-E-Mail, die beim US-Geheimdienst CIA landete. Weil die elektronische Post aus Deutschland kam, sorgte sie auch bei Bundeskriminalamt und Staatsanwalt für Wallung. Doch die Attacke entpuppte sich als schlechter Scherz von Pfälzer Schülern.

Eine Million Dollar oder er werde kompromittierende Fotos über US-Präsident George W. Bush veröffentlichen, drohte der Unbekannte. Adressiert war seine E-Mail an die Geheimdienstler der CIA. Keine gute Adresse, wie sich herausstellen sollte. Die Berufsschnüffler erkannten zumindest schnell, dass die unfreundliche "Post" aus Old Germany kam und schalteten das Bundeskriminalamt ein. Ins Visier der Fahnder und der Staatsanwaltschaft Zweibrücken geriet ein Jugendlicher aus Kaiserslautern. Doch um so überraschender war das Recherche-Ergebnis der Deutschen Telekom: Nicht vom Anschluss des Beschuldigten, sondern von einem Computer des Immanuel-Kant-Gymnasiums in Pirmasens war die Attacke gestartet worden. Drei Mitschüler des Beschuldigten gestanden schließlich der Schulleiterin, dass sie im Rahmen einer Internet-Recherche zu einer Englisch-Gruppenarbeit durch Zufall auf der CIA-Homepage gelandet seien und aus "Spaß" eine Nachricht verfasst hätten. Einer der Beteiligten schickte sie dann auch - ohne Absprache mit den beiden anderen - tatsächlich ab. Reumütig versicherte der Ertappte schließlich in der Vernehmung, nie an Erpressung gedacht zu haben. Alles sei nur ein Scherz gewesen. Reuige Sünder meldeten sich selbst

Eine versuchte Erpressung kommt nach übereinstimmender Auffassung von Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwalt nicht in Betracht, ließ Justizminister Herbert Mertin schriftlich nun den Rechtsausschuss des Landtages wissen, der sich der ominösen transatlantischen Verwicklung angenommen hat. "Es muss davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte B. weder im Besitz kompromittierender Fotos gewesen war, noch zu irgendeinem Zeitpunkt die Absicht hatte, wirklich Geld zu erpressen", schreibt Mertin. Dies ergibt sich, so der messerscharfe Schluss der Strafverfolger, bereits daraus, dass er nicht seine Anschrift, sondern die des völlig unbeteiligten Mitschülers als Absender angegeben hatte. Da sich sich der Beschuldigte reuig zeigte und die Schule disziplinarisch den Missbrauch des Internets ahndete, wurde von einer Verfolgung des "Erpressers" abgesehen. Zumal auch von Übersee kein Strafantrag wegen Beleidigung des Präsidenten vorlag. Die US-Stellen wurden über die Verfahrenserledigung unterrichtet, stellte Mertin zum unspektakulären Ende der "Affäre" fest.

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