Lust auf Land und Leute

KOBLENZ. Das Land lebt. Und Koblenz lud ein, das zu zeigen. Der 20. Rheinland-Pfalz-Tag wurde zum Spiegelbild von Land und Leuten, von Professionalität und Ehrenamt. Gewitter und Regen trübten die Stimmung nur vorübergehend, vermiesen ließen sich die Besucher das Erlebnis dadurch nicht.

 TEUFLISCH GUT GELAUNT: Ministerpräsident Beck amüsiert sich beim 20. Rheinland-Pfalz-Tag in Koblenz. Foto: F. Vetter

TEUFLISCH GUT GELAUNT: Ministerpräsident Beck amüsiert sich beim 20. Rheinland-Pfalz-Tag in Koblenz. Foto: F. Vetter

Wer das Programm studiert hatte, ahnte es. Zwei Dinge sind beim Rheinland-Pfalz-Tag wichtig: bequeme Schuhe und Kondition. Doch selbst unter besten Bedingungen musste jeder seine persönlichen Akzente setzen, hier und da Mut zur Lücke haben – oder sich von der Menge treiben lassen, um zu erkennen: So groß und bunt, so spannend, informativ und unterhaltsam kann ein Spaziergang durchs Land sein.

„Und wenn es nur ein Zeichen ist “, singt ein Jugendchor morgens im ökumenischen Gottesdienst in der voll besetzten Florinskirche, bei dem auch der Trierer Bischof Reinhard Marx am Altar steht. Zeichen begegnen später auf Schritt und Tritt. Die der Hilfsbereitschaft zum Beispiel gleich vor der Kirchentür, wo sich 60 Selbsthilfegruppen vorstellen und (Aus-)Wege aufzeigen. Wie fröhlich es trotz aller Probleme zugeht! Und es scheint, als habe eine Frau, deren Auto wenige Meter entfernt abgeschleppt werden soll, in diesem Augenblick die größeren Sorgen. Die freundliche Polizei erlässt das Bußgeld, bleiben ärgerliche 84 Euro für den Abschleppdienst.

Ein kurzer Hingucker für die amerikanische Gruppe, ehe sie wieder dem blauen Fähnchen ihres Reiseführers nachläuft. „A very nice day“ („Ein sehr schöner Tag“), befinden die Damen und Herren aus Colorado in den engen Gassen der Altstadt, und in der Tat: An diesem sonnigen Morgen ist die Atmosphäre besonders schön, erinnert an Straßencafés in Paris oder in der Toscana.
Doch wer zu lange sitzt, lernt nicht mal das eigene Land und seine Menschen kennen. Also weiter. Vor dem Schloss wird bereits gerannt, geturnt, geballert. Sport für jedermann, Mitmachen ist erwünscht. Wenn nicht gleich, dann ermuntern die Vorführungen vielleicht, zu Hause einem Verein beizutreten. Werben mit Niveau. Anspornen wollen alle. Zum Beispiel zum Essen. Eifeler Wild, Ziegenkäse aus Kusel, die XXL-Thüringer über Landesgrenzen hinweg. Nur nicht zu viel schlemmen, das kostet Kondition auf dem weiten Weg durch Rheinland-Pfalz.

Mittags kündet der Blick zum Himmel eine Zwangspause an, und schon muss die Feuerwehr ihre Schau-Vorführungen um eine „echte“ Meldung ergänzen: Sturmwarnung! Wenig später prasseln bereits die ersten Regentropfen. Jetzt bewähren sich die vielen großen Zelte. So ist die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) plötzlich für die Rettung vor dem Wasser von oben zuständig und bietet Schutz unterm Plastikdach. Nur der Taucher im Neoprenanzug bleibt im Regen und genießt. Und der Rheinländer an sich bestellt mit Humor einen trockenen Wein oder wünscht sich bei der Tombola als Hauptgewinn einen Schirm.

Nach knapp zwei Stunden will die Sonne wieder beim Rheinland-Pfalz-Tag dabei sein. Die Zelte leeren sich, Straßen, Gassen und Promenaden sind flugs voll. Bunte Luftballons steigen in den Himmel und tragen Grüße und Adressen ins Land oder über Grenzen hinaus. Der Spaziergang entlang der Mosel ist beeindruckend und unterhaltsam zugleich. Alles, was retten und helfen kann, ist hier versammelt. Die Hubschrauber von Polizei und ADAC gewähren Einblick ins Innere, die Hunde der Feuerwehr gehen bei Suchaktionen bis ans Äußerste. DLRG-Mann Thilo Künneth schnürt die Ausrüstung um und taucht im riesigen Aquarium unter. Dort scheint es ihm bald langweilig zu sein, und er will spielen. Durch die Scheibe lässt sich der Taucher von Kindern zeigen, wie er bei „Vier gewinnt“ die richtigen Scheiben setzen muss. Dem Publikum gefällt’s.

Die Geldbörse ist dank kulinarischer Verlockungen inzwischen leichter geworden, die Beine sind nach unzähligen Kilometern ungleich schwerer. Und noch ist lange nicht ist Schluss. Am Abend wird die Koblenzer Altstadt immer voller, am Deutschen Eck geht es rund. Bühnen-Shows vom Feinsten, Pop und Klassik, Swing und Blues, Hits und Oldies.

Die baumlangen und bienengelben Ferienspaß-Werber Thomas Höhmann und Daniel Neisser legen ihre Stelzen ab und kehren auf den Boden der Normalen zurück – so schnell kann man an Größe verlieren. Doch wer beim Rheinland-Pfalz-Tag dabei war, konnte eigentlich nur gewinnen – Akteure und Besucher gleichermaßen.

Frisches Gemüse und dämpfende Kartoffeln aus Bekond: Die Gruppe „Altes Brauchtum Landwirtschaft und Weinbau“ steuerte kulinarische Genüsse zum Umzug beim Rheinland-Pfalz-Tag bei. Fotos: Friedemann Vetter

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