"Man behandelt uns wie Verbrecher"

TRIER/WITTLICH. Immer wieder sorgt der Umgang der Aufsichtsbehörden mit dem Einsatz ausländischer Weinlesehelfer für Ärger unter den Winzern. Manche Fälle wachsen sich zu langjährigen Rechtsstreitigkeiten aus.

Heinz Schreiner (Name geändert) ist verbittert. Der Winzer von der Mittelmosel muss von seinem derzeit eher bescheidenen Einkommen 1000 Euro Bußgeld bezahlen. Doppelt so viel hatte das seinerzeit noch zuständige Arbeitsamt wegen illegalen Helfereinsatzes gegen ihn verhängt, die Hälfte ist nach einem Einigungsvorschlag des Amtsgerichts übrig geblieben. Schreiner hat zugestimmt. Nicht, weil er die Strafe gerecht findet, sondern weil er glaubt, "dass ich gegen die da eh keine Chance habe".Kleiner Fehler, teure Wirkung

Der Vorgang, der das Verfahren ausgelöst hat, liegt fast drei Jahre zurück. Der Winzer hat beim Antrag auf Genehmigung von vier polnischen Erntehelfern den ersten Anwesenheitstag auf zwei Tage später datiert als die tatsächliche Ankunft der Männer. Seine Frau sei damals schwer erkrankt gewesen, erzählt er, dazu seien familiäre Probleme gekommen, der Antrag von einem unerfahrenen Familienmitglied versehentlich falsch ausgefüllt worden. Einen realen Vorteil habe er sich dadurch in keiner Weise verschafft, versichert sein Anwalt. Wäre das korrekte Datum eingetragen worden, hätte sich für Schreiner nichts Wesentliches geändert. Aber der Fehler war in der Welt, und er fiel dem Arbeitsamt in anderem Zusammenhang auf. Bis zur Verhängung eines Bußgeldes habe es "fast zwei Jahre gedauert", wundert sich der Anwalt. Er legte Einspruch ein, was seinem unbescholtenen und einschlägig nicht vorbelasteten Klienten immerhin 1000 Euro ersparte - nicht aber den ganzen Ärger. Mit diesem Ärger ist Heinz Schreiner nicht allein. "Immer wieder erleben wir, wie unverhältnismäßig solche Lappalien behandelt werden", schimpft Weinbaupräsident Adolf Schmitt aus Filzen. Winzer würden mit Razzien überzogen und "behandelt wie Schwerverbrecher". Die Situation sei unerträglich, aber man komme "in der Sache einfach nicht weiter". Hans-Dieter Kaeswurm kann die Empörung nicht teilen. Der Chef des Trierer Arbeitsamtes war bis Jahresbeginn für die Verfolgung von Verstößen im Zusammenhang mit Erntehelfern zuständig. Inzwischen hat das Hauptzollamt die Verantwortung übernommen, allerdings mit dem gleichen Personal und der gleichen Linie. Es werde "nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen", versichert Kaeswurm. Die rund 5000 Anmeldungsverfahren verliefen meist reibungslos und hätten die "früher üble Situation" mit wild campierenden Tagelöhnern wirkungsvoll beseitigt. Die Bußgelder bei Verstößen seien zudem "gesetzlich zwingend geregelt". Wilfried Servatius vom Bauern- und Winzerverband Bernkastel-Wittlich vermutet hingegen, Arbeitsverwaltung und Zollbehörden reagierten "auf Druck von oben". Selbst minimalste Verstöße gegen Formalitäten würden mit allen Mitteln verfolgt, deshalb gebe es "eine ganze Reihe solcher Bußgeldfälle", vor allem bei Winzern, "die gar keinen Vorteil aus der Sache hätten ziehen können". Nicht tatsächliche Straftäter stünden im Mittelpunkt,"sondern Bürokratismus hoch 3". Den prangert auch Adolf Schmitt an. Warum die Winzer in Sachen ausländischer Hilfskräfte "nicht zumindest so gestellt werden wie Schausteller", will ihm nicht einleuchten. Heinz Schreiner ist restlos bedient; er hat sich inzwischen aufs Altenteil zurückgezogen. Er habe die Nase voll von "all den Razzien und Kontrollen", sagt der einst engagierte Winzer. "Über all dem Papierkram" habe man kaum mehr Zeit für den Weinbau, "und dann schauen sie sich mal die Preise an, die wir heute erzielen".

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