Mehr Jugendliche vor dem Kadi

MAINZ. Eine wachsende Zahl von Betrugsfällen und Vermögensdelikten hat Rheinland-Pfalz 2004 einen Höchststand an verurteilten Straftätern seit knapp 20 Jahren beschert. Gleichzeitig stiegen die verhängten Freiheitsstrafen auf Rekordniveau. Auch die Jugendkriminalität nahm wieder zu.

Jeder Fünfte der insgesamt mehr als 42 000 verurteilten Straftäter hat im vergangenen Jahr den Gerichtssaal mit einer Gefängnisstrafe verlassen. Damit wurde 2004 in Rheinland-Pfalz die höchste Zahl der Freiheitsstrafen seit Einführung einer einheitlichen Kategorie von Strafmaßen im Jahr 1970 verhängt. Diese Fakten legte Justizminister Herbert Mertin (FDP) in Mainz bei der Vorlage der aktuellen Strafverfolgungszahlen auf den Tisch. In drei von vier Fällen wurde allerdings auf Bewährung entschieden. Nicht nur die Zahl der Freiheitsstrafen, auch ihre Dauer stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Die höheren Haftstrafen sind inzwischen ein wesentlicher Grund für die Überbelegung der Gefängnisse. Ausschlaggebend für die gestiegenen Zahlen sind laut Mertin vor allem verschärfte Strafvorschriften und Strafrahmen. So werden bei gefährlicher Körperverletzung oder Wohnungseinbruch Mindestfreiheitsstrafen von sechs Monaten fällig. Nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2003 erhöhte sich im vergangenen Jahr auch wieder die Jugendkriminalität um 12,7 Prozent. Mit rund 3100 Verurteilten wurde ein Höchststand seit 1986 erreicht. Fast jeder Dritte wurde wegen Diebstahls oder Unterschlagung verurteilt. Aber auch Körperverletzung, Betrügereien oder Verkehrsdelikte sind im Strafregister häufig vertreten. Mertin verwies unter anderem auf das jüngst eingerichtete modellhafte "Haus des Jugendrechts" in Ludwigshafen, das durch die Kooperation von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendamt unter einem Dach dafür sorgen soll, dass eine Bestrafung jugendlicher Täter auf dem Fuß folgt. Mit anderen Städten wie Trier oder Koblenz soll über solche Einrichtungen gesprochen werden, sagte Mertin.Immer mehr Betrügereien

Die Gerichte müssen sich immer häufiger mit Betrügereien (plus 13 Prozent), vor allem über das Internet, aber auch mit einer steigenden Zahl von Gewalttätern und Drogenkriminellen befassen. Wegen Gewaltdelikten wurden 3729 Straftäter verurteilt (plus 4,5 Prozent). Dabei nahmen vor allem gefährliche Körperverletzungen und Raubdelikte zu. Dagegen gehen Diebstähle und Umweltdelikte zurück. Die meisten Urteile werden jedoch weiterhin mit rund 30 Prozent wegen Straftaten im Straßenverkehr gesprochen. Sechs- mal mussten die Richter wegen Mordes oder versuchten Mordes urteilen, 20-mal wegen Totschlags.

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