Strafbefehl statt dicker Provision

Eine Provision von ein paar Hundert Euro kassieren: Das klingt verlockend. Wer aber von Unbekannten Geld erhält und es ihnen nach Russland schickt, erlebt eine böse Überraschung: Er muss für die komplette Summe haften. Denn das Geld stammt aus Internet-Betrügereien. Diese Geldwäsche-Falle stapeln sich inzwischen bei den Staatsanwaltschaften.

Mainz. Hausfrauen, Arbeitslose, aber auch Geschäftsleute wittern einen schnellen Gewinn, wenn sie in E-Mails ein Angebot lesen: Vermeintliche Top-Manager von Firmen aus Russland oder der Ukraine suchen Partner, die ein Konto für ihre Transaktionen öffnen - gegen eine Provision von sechs bis acht Prozent. Was die Gutgläubigen nicht wissen: Ihr Konto wird zum Geldwäsche-Karussell. Nur dreht es sich nicht lange. Und den Gewinn kassieren Hintermänner. Der angeworbene Deutsche bleibt auf dem Schaden sitzen und wird zudem von der Justiz empfindlich bestraft.Auftraggeber drücken aufs Tempo

Wer hat nicht schon solche E-Mails erhalten: Angebliche Firmen geben vor, dass sie Partner suchen, die ihnen den Zahlungsverkehr erleichtern. Hinter den Scheinadressen verstecken sich Ganoven, die zuvor Codenummern von Online-Kunden der Banken ausgespäht haben: Mit diesem Zugang stehlen sie von einem Konto Geld und überweisen die Beute auf das Konto des angeworbenen "Finanz-Operators". Der wird Minuten später per E-Mail oder Anruf aufgefordert, das Geld - abzüglich seiner Provision - sofort über den Bargeldtransfer von Western Union nach Petersburg oder in der Ukraine zu schicken. Die Auftraggeber drücken aufs Tempo, weil sich mit der Überweisung die Spur des Geldes in Osteuropa verliert, bevor eine Bank den Transfer sperrt. Wer bei der Überweisung dann meint, er habe 200 Euro leicht verdient, erlebt sein böses Erwachen. Denn der von unbekannten Russen geschädigte Online-Kunde wird sich bei seiner Bank melden, die dann schnell feststellt, dass das verschwundene Geld auf dem Konto des angeworbenen Finanzagenten gelandet ist. Damit fliegt der Deal auf: Der Deutsche muss nicht nur den Schaden ersetzen, sondern auch noch mit der Strafe der Justiz rechnen.Bei schnellem Geld setzt der Verstand aus

Die Strafe für eine Hausfrau vom Rhein ist kein Einzelfall: Sie muss für einen Schaden von etwa 10 000 Euro aufkommen und für drei Überweisungen nach Petersburg auch noch 150 Tagessätze berappen. 90 Prozent aller Geldwäscheverfahren laufen inzwischen so ab, sagt der Chef der bei der Staatsanwaltschaft Koblenz angesiedelten Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, Hans-Peter Gandner. Bei den übers Internet ergaunerten Summen handelt es sich nach seiner Erfahrung meist um Beträge zwischen 3000 und 8000 Euro - Beträge, die den Geldwäschebeauftragten der Banken nicht auffallen. Bei der Frage, warum immer mehr Deutsche in die Fänge der Internetbetrüger geraten, meint Gandner nur: "Der Verstand muss aussetzen, wenn irgendwo Geld lockt." Seit etwa einem Jahr blüht die Internet-Abzocke. "Die Fälle häufen sich", so Gandner. Ob hinter den Gangstern in Russland eine mafiöse Struktur steckt, ist ungewiss. Die Spur verliert sich in Petersburg oder in der Ukraine, weil das Geld anonym abgehoben werden kann und ein Rechtshilfeersuchen in Russland "äußerst schwierig und erfolglos wäre", sagt Gandner.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort