Um alles oder nichts

TRIER/SALMTAL. Wenn am Dienstag die Stimmen für die CDU-Spitzenkandidatur in Rheinland-Pfalz ausgezählt sind, schlägt für die Kontrahenten Böhr und Rauen die Stunde der Wahrheit. Für den Verlierer dürfte sich die politische Karriere dem Ende zuneigen.

Parteien haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten im Umgang mit "Umstürzen". Unvergessen der CDU-Parteitag Anfang 1989, als Heiner Geißler und Lothar Späth Anlauf nahmen, um am Stuhl von Helmut Kohl zu sägen. Der Versuch misslang, und für beide nahm die politische Karriere ein abruptes Ende. Nicht minder beeindruckend der Mannheimer SPD-Parteitag 1995, als Oskar Lafontaine Rudolf Scharping im Amt des Parteichef erfolgreich abschoss und für den Verlierer ein unaufhaltsamer Abstieg begann. Parteien mögen, wie das Beispiel zeigt, weder erfolglose Königsmörder noch Führungskräfte, die im Ernstfall keine Mehrheit hinter sich bringen können. Für den Verlierer der Auseinandersetzung Böhr/Rauen sind die Zukunfts-Perspektiven also denkbar schlecht. Verliert Christoph Böhr, dann ist schwerlich denkbar, dass ein Politiker ohne Vertrauen der eigenen Partei und mit einem gestörten Verhältnis zum künftigen Spitzenkandidaten als Vorsitzender der Landtagsfraktion einfach weiter amtiert. Ein derart angeschlagener Fraktionschef würde zu einem dankbaren Spott-Objekt für die Regierungsparteien und die grüne Oppositions-Konkurrenz. Nun ist das Personalangebot bei den Mainzer Christdemokraten nicht so üppig. Mag sein, dass man Böhr als Gnadenakt im Amt ließe. Aber spätestens mit der Wahl im Frühjahr 2006 müsste der Posten des Fraktionsvorsitzenden für den Spitzenkandidaten frei gemacht werden. Und selbst wenn dieser - wider Erwarten - Ministerpräsident würde, dürfte er im Amt des Fraktionschefs einen Politiker seines Vertrauens platzieren. Für einen Verlierer Christoph Böhr wäre also in Mainz kein Platz mehr, es sei denn auf der Hinterbank - und das ließe sich mit den Ambitionen des 50-Jährigen schwerlich in Einklang bringen. Auch der stellvertretende Vorsitz der Bundespartei wäre in absehbarer Zeit verspielt. Das Trierer Bundestagsmandat ist mit Bernhard Kaster längerfristig belegt. Bliebe eine bereits früher ins Gespräch gebrachte repräsentative Funktion bei der Adenauer-Stiftung, aber die ist in weite Ferne gerückt, seit das einst innige Verhältnis zum Stiftungsvorsitzenden Bernhard Vogel auf Gefriertemperaturen abgekühlt ist. Da käme es möglicherweise sogar passend, dass die Trierer CDU für 2006 noch Ausschau nach einem OB-Kandidaten hält. Den aktuellen Favoriten Georg Bernarding schätzt Böhr ohnehin nicht besonders, so dass er, so mutmaßen Parteifreunde, am Ende selber antreten könnte. Aber dafür müsste er zunächst bei der CDU-Mitgliederbefragung gegen Peter Rauen unterliegen. Der Salmtaler wiederum stünde im Fall einer Niederlage ebenfalls vor einem Scherbenhaufen. Sowohl sein Bundestagsmandat wie der CDU-Bezirksvorsitz dürften alles andere als sicher sein. Auf seinen Posten als Parteichef schielt schon seit langem der Eifeler CDU-Vormann Michael Billen, nicht gerade ein Muster an diplomatischer Zurückhaltung. Billen hat sich klar auf die Seite von Böhr geschlagen und Rauen heftig attackiert - niemand bezweifelt, dass er im Zweifelsfall gegen ihn antreten würde. Bringt er die Eifeler Bataillone in eine Allianz mit den Böhr-Truppen in und um Trier ein, dürfte eine Anti-Rauen-Mehrheit gesichert sein. Zumal Rauen auch noch eine alte Rechnung mit Parteifreunden aus dem Kreis Trier-Saarburg offen hat, machte ihn doch 1998 der dortige Bundestagsabgeordnete Franz Peter Basten für den Verlust seines Mandates verantwortlich. Weil im Rauen-Bundestagswahlkreis 205 die Eifel-Kreisverbände deutlich mehr Einfluss haben als der Altkreis Wittlich, ist auch dort mit einem aussichtsreichen Gegenkandidaten zu rechnen, falls der Abgeordnete überhaupt für eine weitere Legislaturperiode antritt. Ohne Berliner Mandat aber wären auch Rauens Tage als Vorsitzender der einflussreichen CDU-Mittelstandsvereinigung gezählt. Da bliebe nur noch die Rolle als Polit-Rentner. Kein Wunder also, dass beide Konkurrenten erbittert kämpfen, geht es doch nicht nur um die Rolle des Herausforderers von Kurt Beck, sondern auch um ihre eigene politischeExistenz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort