Verhaftet unter Mordverdacht

TRIER. Die Trierer Mordkommission hat einen ihrer wohl spektakulärsten Fälle gelöst. Weil sie vor sieben Jahren im nordrhein-westfälischen Overath ihren Ehemann und Vater getötet haben sollen, sitzen zwei Frauen in Untersuchungshaft. Das bestätigte gestern Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos auf TV-Anfrage. Der mutmaßliche Mord war nur durch Zufall ans Licht gekommen.

Der Fall könnte in die deutsche Kriminalgeschichte eingehen: Zwei Frauen, Mutter und Tochter, bringen den Ehemann und Vater um, dessen Leiche jahrelang nicht gefunden wird und den niemand vermisst. Erst ein überraschendes Geständnis der Tochter bringt die Trierer Mordermittler auf die Spur eines spektakulären Verbrechens, das sieben Jahre zurückliegt.Ein Toter, den niemand vermisst

Tatort war das Städtchen Ove-rath im Rheinisch-Bergischen Kreis. Dort bewohnte die vierköpfige Familie ein Haus. Wegen finanzieller Schwierigkeiten und der angeblich aggressiven Übergriffe des Vaters soll die Ehefrau im Frühjahr 1999 beschlossen haben, ihren damals 61 Jahre alten Ehemann zu töten. Laut Trierer Staatsanwaltschaft flößte die Frau ihrem ahnungslosen Mann seinerzeit tagelang unbekannte Mengen eines Medikaments ein, um ihn umzubringen. Dabei soll die Mutter ihre Tochter mehrfach vergeblich aufgefordert haben, sie zu unterstützen.

Die permanente Überdosierung hinterließ bei dem 61-jährigen gebürtigen Polen ihre Spuren. Erst wurde der Mann apathisch, dann krümmte er sich vor Schmerzen, bis er schließlich einige Tage regungslos in seinem Bett gelegen haben soll.

Dies konnten die beiden Frauen offenbar irgendwann nicht mehr mit ansehen. Nach Angaben des Leitenden Trierer Oberstaatsanwalts Horst Roos holte die Tochter "nach Aufforderung durch die Mutter, und um dem Leiden ihres Vaters ein Ende zu setzen" schließlich aus der Garage ein Segeltau und erdrosselte den 61-Jährigen.

Am nächsten Tag sollen die beiden Frauen die mit einem Schlafanzug bekleidete Leiche in eine Wolldecke gehüllt und im Kofferraum ihrer Mercedes-Limousine nach Südfrankreich transportiert haben. Dort sei der tote Körper in einem Waldstück unter Reisig und Ästen versteckt worden.

Daheim in Overath vermisste den verschwundenen Rentner offenbar niemand. Wurde doch einmal nach dem Mann gefragt, sollen sich die Frauen herausgeredet haben, ergaben die Ermittlungen. Die Rente des Toten kassierte die Familie weiter.

Die Sache wurde erst aktenkundig, als die heute 41-Jährige Tochter sich im März vergangenen Jahres bei der Bitburger Polizei meldete und ein Geständnis ablegte. Für die Kriminalisten der Beginn aufwändigster Ermittlungsarbeiten, sagte Chef-Staatsanwalt Roos gestern Nachmittag dem TV.

Kuriosum: Der Leichnam des Overathers war bereits 2001 entdeckt worden. Zwar seien auch die französischen Beamten von einem Verbrechen ausgegangen. Doch habe die Leiche zunächst nicht identifiziert werden können, sagt Roos. Dies sei erst durch das Geständnis der Tochter und Analysen der Gerichtsmedizin gelungen.

Die 41-jährige Tochter sitzt seit gestern wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft, die Ehefrau des Getöteten seit mehreren Wochen. Laut Roos bestreitet sie die Tat. "Aber wir haben das Geständnis der Tochter, die Leiche, viele Indizien und nachgewiesene Verschleierungsversuche", ist der Chef-Staatsanwalt zuversichtlich, die beiden Frauen überführen zu können – mehr als sieben Jahre nach einem Verbrechen, das beinahe nie entdeckt worden wäre.

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