Viel Geld für falschen General

TRIER. Weil er einen Nachbarn um mehr als 260 000 Euro betrogen haben soll, muss sich ein 59 Jahre alter Mann aus Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) vor dem Trierer Landgericht verantworten. Zum Prozessauftakt räumte der Angeklagte den Betrug ein. Wo das Geld geblieben ist, wollte er allerdings nicht sagen.

Der 69-jährige ehemalige Geschäftsmann kann es immer noch nicht recht begreifen, wie er seinem erst Anfang des Jahres zugezogenen neuen Nachbarn so auf den Leim gehen konnte. "Ich habe noch keinem Menschen so vertraut wie ihm", sagt der Hunsrücker und schüttelt ein wenig den Kopf, als wundere er sich über sich selbst. "Er durfte sogar in unserem Esszimmer rauchen, was sonst niemand darf."Glanzlose Vita und viele Ehen

Anfang Mai hatten sich die beiden beim Gassigehen mit ihren Hunden kennengelernt und rasch angefreundet - ein ehemaliger Geschäftsmann der eine, ein promovierter Generalmajor der französischen Armee der andere. Das jedenfalls behauptete der 59-Jährige damals. Seine tatsächliche Vita, die alles andere als glanzvoll ist, schildert der grauhaarige Herr im schwarzen Anzug am Montagmorgen im Trierer Landgericht: Heimkind, drei Jahre Fremdenlegion, erste Gefängnisstrafe wegen Diebstahls, später Matrose, dann wieder Knast wegen Vergewaltigung, seitdem Gelegenheitsjobs. Dazwischen fünf Ehen und zwei Kinder. Seit 20 Jahren lebt er mit einer Frau ("meine Lebensgefährtin") und deren pflegebedürftigen Ehemann zusammen. "Ich habe ein herzliches und inniges Verhältnis zu dem Mann", sagt der zuletzt von Arbeitslosengeld II und dem Einkommen der Freundin lebende Angeklagte. Warum er sich damals im Mai, als er seinen Nachbarn beim Gassigehen kennenlernte, so aufplusterte, weiß der 59-Jährige auch nicht mehr so genau. "Vielleicht aus Geltungsdrang", sagt er und zuckt mit den Schultern. Es ist eine abenteuerliche Geschichte, mit der der geständige Angeklagte den ehemaligen Geschäftsmann von gegenüber innerhalb weniger Wochen um dessen gesamte Ersparnisse bringt - mehr als 250 000 Euro. Er gibt sich als promovierter Generalmajor mit dreieinhalb Sternen aus, prahlt mit einem Monatseinkommen von 56 000 Euro und protzt mit 25 Millionen Euro, die er bei einer Schweizer Bank deponiert haben will. Alles erstunken und erlogen.Schwindelerregende 163 Prozent Zinsen

Genauso wie Bankdirektor Dr. René Werouen, "mein bester Freund", der dem 59-jährigen Karrieresoldaten angeblich Sonderkonditionen gewährt, die so hoch sind, dass einem schwindelig werden kann: bis zu 163,2 Prozent im Jahr. Der ehemalige Geschäftsmann geht dem Märchenerzähler auf den Leim, gibt ihm erst 80 000 Euro in bar, dann weitere 70 000 Euro und noch einmal 100 000 Euro. Die "Belege" für die ordnungsgemäße Geldanlage - gefälschte Schreiben und "Urkunden" der Genfer Bank - strotzen nur so vor Rechtschreibfehlern. Und dennoch lässt sich der Hunsrücker Ex-Geschäftsmann noch ein weiteres Mal über den Tisch ziehen. Als der vermeintliche Generalmajor ihn um 8000 Euro bittet, damit er nach Paris fliegen kann, "um meinen vierten Stern abzuholen", gibt der 69-Jährige ihm bereitwillig das Geld - wegen eines angeblichen Überfalls gleich zwei Mal. Was der Angeklagte mit den 268 000 Euro gemacht hat, außer sich einen großzügigen Lebensstil zu finanzieren, bleibt am Montag weitgehend im Dunkeln. "Ich habe keine Lust, mich weiter belügen zu lassen", meckert Staatsanwalt Günther Herold, als der 59-Jährige von zwei dubiosen Bekannten spricht, denen er das Geld geliehen haben will. Nach dem Prozess in Trier, der am Freitag fortgesetzt wird, muss sich der 59-Jährige demnächst vor dem Amtsgericht Cochem verantworten. Auch in der dortigen Gegend soll er Leute um ihr Geld gebracht haben - als Scheich Dr. Ahmed Iben Saud Aslan mit besten Beziehungen in die Vereinigten Arabischen Emirate.

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