Virtueller Jahrmarkt der Eitelkeiten

TRIER. Der Doktor aus dem Internet - per Mail werben virtuelle Titelhändler um zahlungskräftige Möchtegern-Akademiker. Doch zweifelhafte Angebote landeten auch in der Mailbox des Trierer Strafrechtsprofessors Hans-Heiner Kühne. Jetzt hat die Universität Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.

Die ominöse Offerte klingt verlockend: "Wollen Sie mehr Geld und den Respekt von allen?", fragt der anonyme Titelhändler in seiner per Mail offenbar weltweit verschickten Anzeige. Auch ohne "Tests, Bücher oder Prüfungen" seien "Bachelors, Masters, Doktortitel und Diplome" zu haben, appelliert der englischsprachige Inserent an die potenzielle Kundschaft. Preise werden nicht genannt, statt dessen die elfstellige Rufnummer einer Hotline, die angeblich "sieben Tagen die Woche 24 Stunden lang" besetzt ist. Was der Absender der Mail offenbar nicht bedachte: Sein Angebot landete auch in der Mailbox des Trierer Juristen Hans-Heiner Kühne. Der ist ordentlicher Professor und auch Inhaber eines rechtmäßig erworbenen Doktorgrades. Doch Kühne ist auch Strafrechtler und als solcher weiß er, dass derartige Angebote den Tatbestand des Paragraphen 132a Strafgesetzbuch erfüllen. Schließlich stellt dieser nicht nur das unbefugte Führen inländischer oder ausländischer akademischer Grade unter Strafe, sondern auch deren "unbefugte Vermittlung in Gewinnabsicht". Die Universität Trier hat jetzt Strafanzeige gegen die unbekannten Titelhändler gestellt. Auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos, dass die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft werden. Das Internet - ein Jahrmarkt der Eitelkeiten? Offenbar floriert der Titelhandel. Doch neben offensichtlich halbseidenen Offerten kursieren auch Angebote, auf die selbst Akademiker hereinfallen können. So bieten Institute mit wohlklingendem Namen Mitgliedschaften an, die vor allem das wissenschaftliche Renommee des Hochschullehrers fördern sollen. Für ein paar hundert Dollar winkt schon mal die goldgerahmte Urkunde einer Akademie, hinter der sich nicht viel mehr verbirgt als ein Briefkasten im Ausland, sagt Uni-Präsident Peter Schwenkmezger. Illegal ist das nicht, denn grundsätzlich hat auch hierzulande quasi jedermann das Recht, eine Akademie zu gründen und nach zahlungskräftigen Mitgliedern zu suchen. Wer sich die nutzlose Mitgliedschaft etwas kosten lässt, ist selbst schuld. Anders sieht es bei akademischen Graden aus. Wer hierzulande einen Doktorgrad oder Professorentitel vergeben darf, ist gesetzlich geregelt. Gleiches gilt für sämtliche Hochschulabschlüsse vom Magister Artium bis zum Diplom. Uni-Präsident Peter Schwenkmezger begründet die jetzt gestellte Strafanzeige gegen den illegalen Titelhandel denn auch mit der "Schutznotwendigkeit", die er seinen ehrlichen Absolventen schulde. Schließlich berge der florierende Titelhandel auch die Gefahr, das korrekt erworbene akademische Grade in Verruf gerieten, befürchtet Schwenkmezger. Dass der Titelhandel ein lukratives Geschäft sein kann, bewiesen erst jüngst drei Pfälzer. Die Männer aus Frankenthal hatten innerhalb von nur drei Jahren 23 gefälschte Titel in Umlauf gebracht. Vermeintliche Akademiker blätterten für die falschen Lorbeeren insgesamt rund 180 000 Euro hin. Die Titelhändler müssen sich nun wegen Betrugs- und Urkundenfälschung vor einem Gericht verantworten.

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