"Wie Schwerverbrecher"

TRIER. Zwei Tage lang wurden in Trier über 100 abschiebepflichtige algerische Asylbewerber aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland Konsulatsvertretern vorgeführt. Sie sollen ihre Identität überprüfen und die Papiere für die Abschiebung fertig machen

Mit Bauzäunen ist die "Sitzecke" in der riesigen, trostlos wirkenden, ansonsten leeren Messeparkhalle abgegrenzt. Rund 50 Stühle sind aufgereiht, dazwischen immer wieder ein Bauzaun. Auf einem Tisch an der Wand stehen drei Kartons mit Äpfeln, daneben Trinkbeutel samt Strohhalm mit Saft. Kaffee gibt es aus zwei großen Spendern, Milch direkt aus dem 1-Liter-Pack. Bis vor einer halben Stunde haben hier in dem abgegrenzten Teil der Trierer Messeparkhalle noch 50 Asylbewerber gesessen. Zweiter Tag einer Sammelvorführung von algerischen Asylbewerbern, die abgeschoben werden sollen. Über 100 Flüchtlinge aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland müssen an den beiden Tagen nach Trier kommen. Zwei, drei Mal im Jahr fänden solche Sammelvorführungen statt, erklärt Dietmar Martini-Emden, Leiter des Trierer Ausländeramtes. Nicht nur Algerier werden bei diesen Terminen Vertretern der entsprechenden Generalkonsulaten vorgeführt, auch Flüchtlinge etwa aus Indien, Pakistan oder Schwarzafrika, die ihre Herkunft nicht nachweisen können. Viele Flüchtlinge haben keinen Pass mehr oder verstecken ihn. Eine Abschiebung ohne Papiere ist nicht möglich. Daher muss für jeden ohne Pass, bei der jeweiligen Landesvertretung ein Ersatzdokument, ein laissez passer, beantragt werden. Drei vornehm gekleidete Herren vom algerischen Generalkonsulat in Bonn sind deshalb eigens nach Trier gekommen. In zehn-, fünfzehnminütigen Interviews, in denen etwa nach landestypischen Dialekten oder Besonderheiten gefragt wird, versuchen die freundlich wirkenden Herren herauszufinden, ob es sich bei den Vorgeführten tatsächlich um Algerier handelt. Kann die Identität nicht eindeutig festgestellt werden, werden die Angaben direkt in Algerien überprüft. Kommt von dort die Bestätigung, kann, so eine Sprecherin der Flüchtlingshilfe Pro Asyl, innerhalb von Stunden abgeschoben werden. In Algerien drohe ihnen Gefängnis, Folter oder Todesstrafe. Nach zwei Stunden ist die Vorführung beendet. Gegen 12.30 Uhr verlassen die drei Konsulatsmitarbeiter die Messeparkhalle. Draußen haben sich sieben Demonstranten versammelt und protestieren gegen die nach ihrer Ansicht "Abschiebung nach Augenschein". "Es ist ein Unding, wie hier mit den Leuten verfahren wird. Die werden vorgeführt wie Schwerverbrecher", beklagt sich Melanie Werner vom Multikulturellen Zentrum in Trier. Die Vertreter Algeriens steigen unbeeindruckt in ein Auto und lassen sich zum Bahnhof fahren.

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