Zockerei droht das Aus

Ob im Internet, in Discos oder Kneipen - Poker boomt. Doch der Zockerei droht in vielen Bundesländern jetzt das Aus.

Berlin. (has) Experten wie Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des Fachverbandes Glücksspielsucht, sprechen von einer "Pokerwelle", die über das Land schwappt. Ob im Internet, in Discos oder Kneipen - das Kartenspiel boomt. Vor allem, seit Ex-Tennis-Spieler Boris Becker dafür wirbt, TV-Entertainer Stefan Raab zur besten Sendezeit blufft und der letzte James Bond-Film "Casino Royale" hieß. Mehrere tausend Veranstalter von Pokerrunden soll es in Deutschland geben. Doch der Zockerei droht jetzt das Aus. Sieht man mal von konzessionierten Spielcasinos ab, ist das öffentliche Pokern in Deutschland seit Jahrzehnten verboten. Außer, es sind nur geringfügige Sachpreise zu erzielen und es gibt eine Teilnahmegebühr. Beim Pokern handelt es sich allerdings nicht um "einen Denksport", wie Werbung und Promis neuerdings suggerieren. "Es ist ein Glücksspiel", so Füchtenschnieder im Gespräch mit dem TV. Mit erheblicher Suchtgefahr. Rheinland-Pfalz hat deshalb auf die Pokerwelle reagiert: Damit insbesondere Minderjährige nicht in die Spielsucht abgleiten, sind seit Kurzem alle öffentlichen Pokerveranstaltungen grundsätzlich verboten, bei denen ein Entgelt für die Teilnahme notwendig ist. Das gilt auch für Online-Angebote, so weit der Internetprovider des Veranstalters seinen Sitz in Rheinland-Pfalz hat. Andere Bundesländer wollen angesichts des problematischen Booms nachziehen: Hessen, Hamburg und Schleswig-Holstein zum Beispiel. Sachsen hat bereits im Fe bruar eine restriktive Richtlinie für Pokerturniere erlassen. Baden-Württemberg will ebenfalls die Zockerei komplett verbieten. Und in Nordrhein-Westfalen entschied unlängst das Verwaltungsgericht Münster, dass es Kommunen erlaubt sei, Pokerturniere zu unterbinden. Damit ziehen die Länder die Konsequenz aus dem zum Jahresbeginn in Kraft getretenen Glücksspiel-Staatsvertrag, der dem Glücksspiel in Kneipen oder im Internet einen Riegel vorschieben soll. "Seit drei, vier Jahren wird die Entwicklung immer dramatischer", beklagt Raphael Gassmann, stellvertretender Geschäftsführer der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Pokern habe "eine sehr hohe Ereignisfrequenz, anders als beispielsweise das Lottospielen", erklärt Gaßmann den Reiz. Weil im Mutterland des Pokers, den USA, besonders scharf gegen das Spiel im Internet vorgegangen worden ist, hätten sich viele Anbieter inzwischen auf den europäischen und deutschen Markt fokussiert. Besonders kritisch sei, dass Prominente wie Stefan Raab mit auf den Zug springen. Stets werde versucht, dem Glücksspiel "ein anderes Etikett zu verpassen, um Akzeptanz für das Spiel zu bekommen und dadurch Kunden zu gewinnen".

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